Neuer Präsident für Internet-Verwaltung ICANN

Dr. Paul Twomey, der drei Jahre lang den Regierungsbeirat der Netzverwaltung leitete, wurde schon seit einiger Zeit als Top-Favorit gehandelt.

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Von
  • Monika Ermert

Nach langen Verhandlungen hat die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) Dr. Paul Twomey als neuen Präsidenten und Geschäftsführer präsentiert. Der Australier, der drei Jahre lang den Regierungsbeirat der Netzverwaltung leitete, wurde schon seit einiger Zeit als Top-Favorit gehandelt. In seiner ersten Pressekonferenz als designierter ICANN-Präsident sagte Twomey, ein gewisser Vertrauensbildungsprozess vor allem in den USA sei noch notwendig, da er der erste nicht-US-amerikanische ICANN-Präsident sei.

Twomey, der den US-Amerikanern Mike Roberts und Stuart Lynn als ICANN-CEO nachfolgt, bringt dafür allerdings beste Voraussetzungen mit. Er ist seit dem so genannten Green-Paper-Prozess in die ICANN-Entstehung und -Entwicklung involviert. Als Chef des Regierungsbeirates arbeitete Twomey außerdem eng mit der ICANN-Spitze und dem Department of Commerce zusammen. Ausdruck seiner guten Kontakte ist auch die Tatsache, dass er gemeinsam mit Clinton-Berater Ira Magaziner das Beratungsunternehmen ArgoPacific betreibt. Die Arbeit mit dem US-Department of Commerce sei ein wichtiger Fokus seiner Arbeit, sagte Twomey gestern denn auch in einer Art Verbeugung an die US-Administration.

Mit Blick auf die im Memorandum of Understanding (MoU) von den USA in Aussicht gestellte mögliche vollständige Internationalisierung und Unabhängigkeit von ICANN sagte Twomey: "Ich glaube, es gibt ein wachsendes Verständnis auch bei den internationalen Regierungen, dass dies ein evolutionärer Prozess ist." Wie lange der Übergangsprozess noch dauern werde, dazu könne er nichts sagen. Deutlich machte Twomey allerdings, dass er die Internationalisierung der Organisation durch das zunehmende Interesse von Entwicklungsländern am ICANN-Prozess realisiert sehe. Diese Länder brächten zunehmend neue Aspekte in die ICANN-Arbeit, "internationale Domains" seien so etwa ein zentrales Thema der kommenden Jahre.

Nach seinem persönlichen Programm gefragt, sagte Twomey: "Ich bevorzuge einen konsultativen Arbeitsstil." Gespräch mit allen Seiten, auch den Nutzerorganisationen, sehe er als seine Hauptaufgabe. Neben den technischen Kernaufgaben sehe er ICANN vor allem als ein Forum für die Diskussion. Das Alternativmodell einer internationale Organisation für ICANN lehnte Twomey brüsk ab. Für ihn stelle die ICANN-Idee ein Modell für eine offenere, demokratische Koordinierung globaler Netze dar. Das Mandat sollte dabei aber nicht erweitert werden.

"ICANN kann nicht für strafrechtliche Bestimmungen oder einen einheitlichen Datenschutz verantwortlich sein." Es gehe vielmehr darum, die Implikationen der Technik an den richtigen Stellen zu Gehör zu bringen. Twomey wiederholte das alte ICANN-Credo, dass man keine Regierung des Netzes sei. "Selbst wenn eine globale Regulierungsorganisation für das Netz notwendig wäre, wäre sie praktisch nicht auf die Beine zu stellen," so Twomey. Im übrigen sehe er ein wachsendes Verständnis auf allen Seiten dafür, dass es ein Einheitsmodell für die Regulierung globaler Ressourcen nicht realisierbar sein.

Zu konkreten Einzelfragen, etwa einer neuen Runde von zusätzlichen Top Level Domains oder den Verträgen der Netzverwaltung mit den Betreibern der zentralen Registries für die generischen Domains, wollte Twomey vorerst keine Aussagen machen. Er übernimmt am Ende des anstehenden Treffens der ICANN in Rio das Szepter von Stuart Lynn. Sein Jahresgehalt beläuft sich auf 260.000 US-Dollar, dafür werde sein erster Wohnsitz wohl das Flugzeug sein, scherzte Twomey. Laut seinem Vertrag hat er nun drei Jahre Zeit, den ICANN-Karren aus dem Dreck zu ziehen. (Monika Ermert) / (jk)