Noch viele offene Fragen beim geplanten Gesetz zum Beschäftigtendatenschutz

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger reagiert auf Kritik an Neuregelungen für den Beschäftigtendatenschutz im Bundesdatenschutzgesetz.

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Von
  • Monika Ermert

Eine gesetzlich geregelte Möglichkeit für Unternehmen, heimlich Daten ihrer Mitarbeiter zu erheben, muss nach Aussage von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger noch einmal überdacht werden. Die Justizministerin reagierte damit auf Kritik an Neuregelungen für den Beschäftigtendatenschutz im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) bei einer Podiumsdiskussion der Akademie für Politische Bildung in Tutzing. "Vielleicht sollten wir von solchen heimlichen Maßnahmen weg kommen", so die Ministerin gegenüber heise online. Zuvor hatte sie heimliche Überwachungen als "ultima ratio" bezeichnet.

Leutheusser-Schnarrenberger berichtete im Rahmen der Expertentagung über die noch andauernde Abstimmung zum Beschäftigtendatenschutz zwischen den beteiligten Ministerien für Justiz, Wirtschaft und Arbeit sowie dem federführenden Innenministerium. Seit mehr als einem Jahrzehnt steht die Schaffung von Regeln für den Beschäftigtendatenschutz auf der politischen Agenda. Nach der Verabschiedung des knappen Paragrafen 32 BDSG) 2009 soll jetzt eine ausführliche Regelung her.

Grundsätzlich befürwortet die Ministerin ein "Stufenkonzept" für Datenerhebungen durch die Arbeitgeber. Erst wenn ein konkreter Tatverdacht besteht, sollen auch personalisierte Daten überprüft werden können, zuvor allenfalls anonymisierte Stichproben möglich sein. Heimliche Maßnahmen bis hin zur Bespitzelung durch Detektive oder heimliche Videoaufnahmen dürften nur in erklärten Ausnahmefällen zugelassen werden. Zudem müsse es auch in Unternehmen einen Kernbereichsschutz geben, mahnte Leutheusser-Schnarrenberger. Auch wenn es beim Beschäftigtendatenschutz um das Verhältnis zwischen privaten Partnern gehe, habe der Gesetzgeber dafür zu sorgen, dass es auch hier keinen "grundrechtsfreien Raum" gebe.

Wann der Entwurf der BDSG-Novelle ins Kabinett gehe, konnte die Justizministerin voerst nicht sagen. Eine ganze Reihe von Punkten sind noch strittig zwischen den Ministerien. So hätte das Justizministerium gerne eine Klarstellung, dass Arbeitgeber keine Sachwalter staatlicher Strafermittlungsinteressen sein könnten. Klare Grenzziehungen befürwortet das Justizministerium ausserdem bei Internetrecherchen und Gesundheitschecks vor Einstellungsgesprächen. Was offen im Netz zugänglich sei, das dürfe auch ein Personalchef sehen, sagte Leutheusser-Schnarrenberger, er dürfe sich aber nicht in ein soziales Netzwerk "einschleichen".

Stefan Brink, verantwortlich für den Datenschutz in der Privatwirtschaft beim Landesdatenschutzbeauftragten in Rheinland-Pfalz, erinnerte daran, dass die Nutzung von Daten aus sozialen Netzwerken zum Zweck des Bewerberscreenings häufig auch deren Nutzungsbedingungen widerspreche. Brink warnte, der jetzt geplante Paragraf 32 d befürworte eine Aufhebung der Zweckbindung von Daten, die der Arbeitgeber über seinen Mitarbeiter gesammelt habe. Eine Kontonummer habe letzterer angegeben, damit sein Gehalt bezahlt wird und nicht für Rasterfahndungs-ähnliche Maßnahmen zur Prävention von Korruption. Er befürchte die Umsetzung des Prinzips von den "Ohnehin-da-Daten" durch den neuen Paragrafen 32 d. Leutheusser-Schnarrenberger sagte, auch dieser Punkt müsse im Entwurf noch einmal geprüft werden.

Brink warnte generell davor, die Errungenschaften des "alten" Paragrafen 32 gleich wieder über Bord zu werfen. Unter anderem durften Arbeitgeber danach nur dann die Daten ihrer Arbeitnehmer ausforschen, wenn ein klarer Verdacht zu einer Straftat vorlag, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis bestand. Im Neuentwurf zu dem in der Wirtschaft überaus unbeliebten Paragrafen 32 darf sich der Arbeitgeber auch beim Verdacht auf Ordnungswidrigkeiten aus den Daten seines Mitarbeiters bedienen. Brink kritisierte die Strategie der Panikmache auf Seiten der Unternehmen, die die Mitarbeiter praktisch zu "natürlichen Feinden" der Unternehmen abstempele, die nur durch umfassende Überwachung bis hin zur dauernden Videoüberwachung im Zaum gehalten werden könnten. (bo)