Nokia nimmt Kampf um Führung im Musikgeschäft auf

Kommendes Jahr wollen die Finnen ein eigenes Online-Musikangebot starten und damit Apple in die Quere kommen.

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Der finnische Handyhersteller Nokia will nach dem geplanten Kauf des US-Musikvermarkters Loudeye den Kampf mit dem Computerhersteller Apple um die globale Vorherrschaft im digitalen Musikgeschäft aufnehmen. Das Unternehmen wolle weltweit führend beim mobilen Musikgenuss werden, sagte Nokias Multimedia-Verantwortlicher Anssi Vanjoki der Financial Times heute. Wenn dies bedeute, in Geschäftsfeldern zu arbeiten, in denen Apple sich bereits befinde, dann sei das eben so. Die Finnen planen laut Bericht für 2007 ein eigenes Online-Musikangebot, bei dem die Kunden die erworbenen Stücke mit ihrer Handyrechnung bezahlen.

Nokia hatte am gestrigen Dienstag mitgeteilt, dass der Konzern Loudeye noch in diesem Jahr für 60 Millionen übernehmen will. Die Eigentümer des Entwicklers digitaler Musikplattformen sollen 4,50 US-Dollar pro Aktie in bar erhalten. Mit der Übernahme will Nokia die Basis für ein umfangreiches Musikangebot schaffen, das von Geräten über Software bis zu der Möglichkeit reicht, digitale Musikdateien zu kaufen.

Branchenbeobachter werten das Zusammenspiel zwischen Apples iTunes Music Store und dem mobilen Musikplayer iPod als Erfolgsrezept für die Dominanz des Unternehmens auf dem Markt für digitale Musik. In den USA beansprucht Apple 80 Prozent Marktanteil bei kostenpflichtigen Musikdownloads. Offenbar hat sich Nokia dieses Geschäftsmodell zum Vorbild genommen. Auch Microsoft will mit Apples Musikabteilung konkurrieren.

Analysten sehen Apple nun unter Zugzwang. Die kalifornische Firma hat zwar im vergangenen Geschäftsjahr 22,5 Millionen iPods verkauft, im laufenden könnten es 50 Millionen werden, doch Nokia werde dieses Jahr vermutlich 265 Millionen Handys verkaufen, von denen etwa 40 Prozent musiktauglich sein werden. Daher glauben die Marktbeobachter laut Businessweek, dass Apple längst mit möglichen Partnern über ein mobiles iTunes-Angebot spricht oder gar ein eigenes, iTunes-fähiges Handy auf den Markt bringt.

Nokia, dessen Schwerpunkt nach dem Strategiewechsel Ende Mai auf die Zusammenführung von Internet, Mobilität, IT und Musik liegt, kooperiert seit zwei Jahren mit Loudeye beim Einrichten mobiler Musikgeschäfte. Das im Oktober vergangenen Jahres gestartete Projekt des deutschen Mobilfunkanbieters O2 hat laut Businessweek bisher nicht Nokias Erfolgserwartungen erfüllt. Nokias Erfolgschancen hängen demnach aber auch davon ab, ob die Finnen die Ängste der Mobilfunkbetreiber vor einer starken Konkurrenz beschwichtigen können. Nach ihren Beschwerden habe der finnische Konzern sein Online-Angebot "Club Nokia" umgestaltet und seitdem keine Klingeltöne, Software und Spiele mehr im Angebot. Ähnlicher Widerstand könnte Nokia drohen, sollte es Downloads unter eigener Marke anbieten. (anw)