Nord Stream 1: Trümmerfeld auf 250 Metern Länge und tiefe Krater

Wochen nach dem Ausfall der Nord Stream-Pipelines hat die Betreibergesellschaft erstmals die Schäden begutachtet. Diese sind schwerer als bislang angenommen.

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Foto vom Gasaustritt aus Nord Stream in schwedischen Gewässern (Archivbild von Ende September 2022)

(Bild: Schwedische Küstenwache)

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Die Schäden an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 sind offenbar verheerender als angenommen. Wie die Betreibergesellschaft mit Sitz in der Schweiz jetzt mitteilte, sei die Rohrverbindung allein an der Leckstelle in schwedischen Gewässern auf einer Länge von 250 Metern zerstört. Eine schwedische Tageszeitung, die vor Kurzem eine Unterwasserdrohne abtauchen ließ, sprach zunächst von Schäden auf 50 Metern Länge. Die Lecks wurden Ende September entdeckt, nachdem die Betreibergesellschaften zuerst einen Druckabfall registriert hatten.

Laut den vorläufigen Ergebnissen des von der Nord Stream AG beauftragten Unternehmens wurden zudem Krater mit einer Tiefe von drei bis fünf Metern auf dem Meeresboden gefunden, die auf den Einsatz von Technik zurückzuführen seien. Die Krater befänden sich jeweils zu Beginn und am Ende der Schadstelle. Teile der zerstörten Erdgasrohre lägen in einem Umkreis von mindestens 250 Metern verstreut. Jetzt sollen weitere Vermessungsdaten ausgewertet werden.

Bereits Ende September hatten Schweden und Dänemark, in deren Gewässern die Pipelines Nord Stream 1 und 2 an vier Stellen beschädigt wurden, in einem Brief an den UN-Sicherheitsrat von Explosionen mit der Sprengkraft mehrerer hundert Kilogramm TNT gesprochen. Sowohl die NATO, die EU als auch Russland gehen von schwerer Sabotage an den 1200 Kilometer langen Pipelines zwischen Russland und Deutschland aus. Bis heute ist unklar, wer den Anschlag verübt hat. Die Ermittler in Dänemark und Schweden hüllen sich zu Details in Schweigen. Russland bezichtigte jüngst Großbritannien, daran beteiligt gewesen zu sein.

Erst vor wenigen Tagen hatte ein gechartertes Spezialschiff die Untersuchungsarbeiten aufgenommen. Auch die Pipeline Nord Stream 2 soll untersucht werden. Bei dieser hofft die hierfür zuständige Betreibergesellschaft darauf, dass ein Strang unbeschädigt geblieben ist. Die Untersuchungen der Nord Stream AG, einem Konsortium aus Mehrheitseigner Gazprom, Wintershall Dea, PEG Infrastruktur AG (E.ON), N.V. Nederlandse Gasunie und Engie, konnten erst verspätet beginnen, weil zunächst ein gechartertes Schiff in Norwegen keine Freigabe erhielt, wie die Gesellschaft mitteilte. Zuletzt auch noch unklar, ob dänische Behörden die Freigabe für Untersuchungen in ihren Gewässern erteilen.

Lage der Pipeline Nord Stream 1 und anderer Gaspipelines in Nord- und Ostsee

(Bild: Nord Stream AG)

Infolge der Explosionen am Meeresgrund nahe der dänischen Insel Bornholm war tagelang Erdgas aus den Leitungen an die Meeresoberfläche herausgeströmt, das sich aus betrieblichen Gründen in den Pipelines befand. Bei Nord Stream 1 waren von russischer Seite im Sommer die Gaslieferungen eingestellt worden – angeblich wegen Reparaturbedarfs in der Einspeisung. Nord Stream 2 wurde niemals für den Betrieb zugelassen. Laut den deutschen Behörden wurden vorbereitende Schritte Russlands niemals in die Tat umgesetzt.

(mki)