Sabotage an Nord Stream: Tatverdächtiger Ukrainer flieht vor Ermittlern

Bei den Ermittlungen zum Sabotageakt auf die Pipelines Nord Stream 1 und 2 in der Ostsee gibt es einen Durchbruch. Ermittler erwirkten einen Haftbefehl.

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Gas-Whirlpool in der Ostsee nach dem Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines

Knapp zwei Jahre nach dem Anschlag auf die Nord-Stream-Gaspipelines wurde jetzt ein erster Haftbefehl erwirkt.

(Bild: Schwedische Küstenwache)

Lesezeit: 3 Min.

Die Spur in die Ukraine hat sich im Falle der Sabotage an den Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 offenbar erhärtet: Laut Medienberichten hat der Generalbundesanwalt einen ersten Haftbefehl gegen einen Ukrainer erwirkt. Der Gesuchte konnte den Ermittlern in Polen aber offenbar entkommen. Zuvor sah es monatelang erst so aus, als wenn die Ermittlungen ergebnislos enden könnten.

Wolodymyr Z. sei tatverdächtig, an den Sprengstoffanschlägen vor der dänischen Insel Bornholm beteiligt gewesen zu sein, berichten verschiedene Medien. Bei den Sabotageakten im September 2022 wurde die Gasfernleitung zwischen Russland und Deutschland an mehreren Stellen schwer beschädigt. Die Attentäter sollen mithilfe einer in Deutschland gemieteten Segeljacht unterwegs gewesen sein. Taucher befestigen Sprengladungen an den Rohren der Pipelines.

Zwei weitere ukrainische Staatsangehörige gelten ebenfalls als verdächtig, berichten ARD, Süddeutsche Zeitung und "Die Zeit". Die Verdachtsmomente gingen auf Hinweise eines ausländischen Geheimdienstes zurück. Hinweise hätten sich auch aus der Aufnahme eines Blitzers ergeben.

Nach dem Anschlag ermittelten zunächst Strafverfolger in Dänemark, Schweden und Deutschland unabhängig voneinander. Dänemark und Schweden stellten ihre Verfahren zwischenzeitlich ein. Deren Erkenntnisse sollen aber in das deutsche Verfahren bei der Generalbundesanwaltschaft eingeflossen sein. Dort wird wegen des Verdachts der "vorsätzlichen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion" sowie der "verfassungsfeindlichen Sabotage" ermittelt. Mit Blick auf die laufenden Ermittlungen gab die Behörde bislang aber weder gegenüber Medien noch gegenüber der Politik im Bundestag weitere Details preis.

Der Haftbefehl gegen Z. soll bereits im Juni erwirkt worden sein. Offenbar waren die polnischen Behörden aber wenig kooperativ. Sie ließen eine vorgegebene Frist zur Ausführung europäischer Haftbefehle verstreichen. Schon vorab habe Polen die Ermittlungen eher erschwert, heißt es. Hier könnte hineinspielen, dass Polen und andere osteuropäische Staaten in den Nord-Stream-Pipelines einen Affront sahen, weil diese dazu dienten, Transitländer zu umgehen.

"Der Spiegel" berichtet gar, dass Z. laut Sicherheitskreisen womöglich gewarnt worden sei. Er habe Polen inzwischen offenbar verlassen. Gegenüber ARD, SZ und "Die Zeit" zeigte sich der Tauchlehrer in einem Telefonat überrascht von den Vorwürfen und bestritt diese. Die bisherigen Ermittlungen sollen keine direkte Verbindung zu staatlichen ukrainischen Stellen ergeben haben. Diese sei zuvor von ausländischen Nachrichtendiensten vermutet worden.

Der Ausfall der Nord-Stream-Pipelines beschleunigte im Jahr 2022 die bereits begonnene Umstellung der Gasversorgung Europas. Kamen vorher geraume Mengen Erdgas aus Russland, suchten sich die Abnehmer wie Deutschland zunehmend neue Quellen, etwa durch den Bau von LNG-Terminals. Vor dem Sabotageakt hatte Russland seine Lieferungen über Nord Stream 1 bereits eingestellt. Nord Stream 2 war zwar fertiggestellt – zu Gaslieferungen kam es aufgrund der zunehmenden politischen Differenzen nicht mehr.

(mki)