Notfall-Roboter: Im zweiten Lauf wurde das Atomkraftwerk (etwas) besser aufgeräumt

Im Atomkraftwerk Zwentendorf wird der Roboterwettbewerb Enrich ausgetragen. Die Roboter durften ein zweites Mal ihr Glück versuchen und Zylinder mit Kobalt-60 ausfindig machen. Der Wettbewerb soll auf den nächsten Ernstfall vorbereiten.

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Roboterwettbewerb: Im zweiten Lauf wurde das Kernkraftwerk (etwas) besser aufgeräumt

Im AKW Zwentendorf rollen und fliegen seit einigen Tagen verschiedene Roboter durch die Gegend und sammeln Zylinder mit Kobalt-60 ein.

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Lesezeit: 4 Min.
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  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

Am letzten Tag des Roboterwettbewerbs Enrich im österreichischen Zwentendorf bekamen die Teams die Chance zu einem zweiten Lauf. Nicht alle konnten sie nutzen: Dem Team Activeroboticx waren die Motoren des Roboters durchgebrannt. Da auf die Schnelle kein Ersatz beschafft werden konnte, musste es vorzeitig abreisen. Die anderen nutzten die Gelegenheit, um neue Verfahren oder Strategien auszuprobieren.

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So ließ das Team FKIE den Roboter diesmal autonom nach den Zylindern greifen, in denen sich radioaktives Material befinden konnte. Auch die Bewegungen, mit denen die Proben zum Strahlungsdetektor geführt wurden, erfolgten automatisiert, ebenso die Ablage. In einer Box an Bord des Roboters wurden die Zylinder gesammelt, die als radioaktiv identifiziert worden waren, und die Box dann am Ende des Einsatzes komplett in der dafür vorgesehenen Tonne abgelegt. Nicht alle auf dem Boden verstreuten Zylinder konnten in der auf 40 Minuten begrenzten Zeit geprüft werden, aber vier von fünf strahlenden Objekte wurden gefunden und ordnungsgemäß entsorgt.

Auch Andreas Ciossek vom Team Telerob konnte seine Suchstrategie nach den Erfahrungen des ersten Laufs optimieren. Er fuhr den Roboter zunächst an den Zylindern vorbei, um Strahlungsmaxima zu identifizieren. Dann griff er nacheinander verdächtige Zylinder, hob sie hoch und achtete darauf, ob sich die gemessenen Werte veränderten. Da der Strahlungsdetektor am Greifer befestigt war, war ein unverändert hoher Wert ein klares Indiz für eine Strahlungsquelle. Ein Absinken dagegen deutete auf einen Dummy. Anders als FKIE sammelte Ciossek die heißen Proben nicht an Bord, sondern transportierte sie sofort zur Tonne – die größere Schnelligkeit und Beweglichkeit seines Roboters Telemax erlaubte es. Und er fand alle fünf.

Enrich im AKW Zwentendorf – zweiter Wettkampftag (6 Bilder)

Im zweiten Lauf steuerte Bernd Brüggemann (FKIE) den Roboterarm hauptsächlich mit der Maus, indem er den zu greifenden Gegenstand markierte und dann die Greifroutine aktivierte. (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Am Rande des Geschehens gab uns Ciossek auch eine knappe Erklärung der Problematik der Strahlungsmessung: Bei Radioaktivität geht es darum, Zerfallsereignisse zu zählen, die in zufälliger Folge stattfinden. Es braucht daher einige Zeit, um genügend Ereignisse für eine statistische Auswertung zu erfassen. Je empfindlicher der Sensor, desto kürzer die für die Messung erforderliche Zeit. Mit seinem Sensor, so Ciossek, könne er auch das Spektrum der Strahlung erfassen und daraus die Art der Strahlungsquelle identifizieren, bräuchte dafür aber fünf Minuten. Das Team Brokk dagegen leistete das mit seinem Sensor quasi nebenbei: Auf dem Monitor, der die Intensität der Strahlung anzeigte, erschien abwechselnd dazu immer wieder die Meldung "Co-60" – Kobalt-60. Die italienische Feuerwehr hätte ihnen den Sensor HDS-100 zur Verfügung gestellt, sagte Teamleiter Roberto Ruberto. Bei Überschreiten eines bestimmten Schwellenwerts der Strahlung würde er automatisch das Spektrum analysieren und innerhalb von zehn Sekunden die Strahlungsquelle identifizieren.

Obwohl der Wettbewerbscharakter der Veranstaltung (die offiziell als "Hackathon" bezeichnet wird) niedrig gehängt wurde, wurden am Ende doch Gewinner ermittelt. Das war in der Kategorie "3D-Kartenerstellung" das Team IMM und bei der "Manipulation" das Team FKIE, dessen über Nacht noch installierten autonomen Greifabläufe die Jury überzeugten. Der Preis für die besten Strahlungskarten wurde aufgeteilt zwischen FKIE und dem Team Hector von der TU Darmstadt.

General Michael Janisch vom österreichischen Amt für Rüstung und Wehrtechnik, das den Wettbewerb zusammen mit dem FKIE organisiert hat, betonte bei der Preisverleihung noch einmal, dass das Gewinnen nicht entscheidend sei. "Es geht hier nicht um eine Aufgabe für ein Team, sondern für uns alle", sagte er. "Die Frage ist nicht, ob wir in Europa einen nuklearen Unfall erleben, sondern wann." Um darauf besser vorbereitet zu sein, werde es in zwei Jahren eine weitere Auflage von Enrich geben. (kbe)