Novell: Linux und Identity Management

Auf der Eröffnungsrede zur Brainshare Europe hat Novell-Chef Jack Messman die Strategie seines Unternehmens umrissen; der neue Open Enterprise Server, sozusagen der Nachfolger von Netware, arbeitet alternativ mit Linux- oder Netware-Kernel.

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Auf der Eröffnungsrede zur Brainshare Europe hat Novell-Chef Jack Messman die Strategie seines Unternehmens umrissen. Novell will sich auf zwei Standbeine konzentrieren: Da wäre natürlich Linux -- und Identitätsmanagement (Identity Management), eines der neuesten Buzzwords der Industrie, mit dem Lösungen zur Verwaltung und zum Management digitaler Identitäten und Online-Accounts von Nutzern beschrieben werden.

Novell will mit seinen Directory-basierten Lösungen zum Identity Management eine eine auf Rollen und Policies gegründete Infrastruktur schaffen. Damit bekommen Anwender anhand von User-Informationen, verwendetem Gerät (PDA, Laptop etc.) und Ort (im Firmennetz hinter der Firewall, per VPN von außen angemeldet, ungesicherter Dial-in etc.) eine digitale Identität mit bestimmten Rechten ausgestellt. Anhand dieser Identität erhält man dann Zugriff auf bestimmte Dienste -- oder eben nicht. Für Novell ist dabei das Entscheidende nicht etwa das Identity Management an sich, sondern das so genannte "Identity Driven Environment", in dem Dienste aller Art die digitale Identität der Nutzer auswerten.

Auf Nachfrage erklärte Messman, dass sich Linux schneller im Markt verbreiten werde, Novell sich von Lösungen im Rahmen von "identity driven services" aber letztlich mehr Umsätze verspreche. "Novell is more than Linux", sagte Messman in Anspielung auf die jahrelange Gleichsetzung seines Unternehmens mit Netware. Gleichzeitig kündigte er den Beginn der offenen Betatestphase für den kommenden Novell Open Enterprise Server (OES) an. Interessenten können sich unter www.novell.com/beta für die Teilnahme an dem Betatestprogramm registrieren. Der OES wird als Nachfolger von Novell Netware seine Dienste wahlweise auf einem Linux- oder einem Netware-Kernel anbieten, wobei dieselben Management-Werkzeuge unter Linux und Netware zum Einsatz kommen.

Ebenfalls als Vorabversion auf der Brainshare zu sehen ist der Novell Linux Desktop: Ein Suse Linux sowohl mit dem mit Ximian eingekauften Gnome- als auch mit dem KDE-Desktop -- eine endgültige Entscheidung für einen einzigen Desktop ist damit zumindest erst einmal hinausgeschoben. Die zunehmende Erfahrung mit Linux auf dem Desktop erlaube ein Microsoft-freies Netzwerk auf der Brainshare. Novell selbst befindet sich im Übergang von Windows zu Linux auf den Büroarbeitsplätzen: Zunächst habe man MS Office durch OpenOffice ersetzt, zum Ende des Jahres soll der komplette Umstieg auf Open Source und Linux erfolgen. Messman erwartet sich davon zwei Millionen Dollar Einsparung pro Jahr.

Allerdings ist Novell weit davon entfernt, Windows als unterstützte Plattform aufzugeben: CTO Alan Nugent erklärte deutlich, dass Novell seine Software weiterhin auch in Versionen für Windows entwickeln werde. Dabei stelle Mono, eine Open-Source-Implementierung von .NET für Linux, ein wichtiges Element dar, um parallel für Linux und Windows zu entwickeln. Novell, ergänzte Messman, wolle mit seinen Linux-Angeboten im Markt eine Alternative zu Windows schaffen.

Auch jenseits der reinen Software-Technik und neuen Produktversionen wie beispielsweise der Managementsuite ZenWorks 6.6 für Linux oder den Virtual Directory Services (verfügbar ab 2005) und eDirectory 8.8 (im Betatest ab Ende Oktober) hatte Novell Neues zu bieten: Die Firma hat staatliche Organisationen als Kunden entdeckt und spezielle Lösungen entwickelt. Demonstriert wurde das Portal einer imaginären, komplett vernetzten Stadt, wobei der Schwerpunkt auf dem Identity Management liegt. Außerdem gab Jack Messman die Gründung von Novells Porting and Migration Network bekannt, das Softwarehersteller dabei unterstützen soll, ihre Programme nach Linux zu portieren. Auch in Deutschland will man ein Porting and Migration Center gründen.

Stolz verkündete Messman die erfolgreichste Brainshare Europe seit Bestehen der Veranstaltung: 2300 Teilnehmer, eine Steigerung der Teilnehmerzahl um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr. Ebenfalls zugenommen hat die Zahl der Novell-Partner vor Ort. Manager von IBM (per Videoeinspielung), HP (ebenfalls per Videoeinspielung) und Oracle (live vor Ort in Barcelona) lobten das Linux-Engagement von Novell und freuten sich über die jeweiligen Partnerschaften mit dem Unternehmen. Auf Fragen zu der juristischen Auseinandersetzung mit SCO um die Rechte an Unix wiederholte Messman die bekannte Novell-Position: "Wir besitzen das Copyright und die Patentansprüche an Unix." Nur Novell könne daher beim Linux-Einsatz auch rechtliche Sicherheit garantieren: " Wir glauben nicht, dass sich Teile von Unix in Linux befinden; aber wenn doch, kann Ihnen nur Novell die Rechte zur Benutzung gewähren." (odi/c't) / (jk)