Nürnberg am Software-Scheideweg

Die Stadt Nürnberg überdenkt die zukünftige Software-Ausstattung und berücksichtigt dabei auch Erfahrungen, die in München bei der Migration von Microsoft-Produkten auf Open Source gemacht werden.

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Zum 31. Mai läuft ein Upgrade-Advantage-Vertrag aus, den die Stadt Nürnberg im Jahr 2002 mit Microsoft geschlossen hat. Vor diesem Hintergrund hat das dortige Amt für Organisation und Informationsverarbeitung die "Strategische Ausrichtung im Hinblick auf Systemunabhängigkeit und Open Source" beleuchtet. Es kommt zu dem Ergebnis, dass "Migration von Software" und "Schulungen" derzeit die beiden größten Kostenblöcke und Hindernisse seien, die gegen Linux und Open Source auf Endgeräten sprächen. Doch empfiehlt das Amt, den Vertrag mit Microsoft nicht zu verlängern, sondern die Softwareausstattung auf Windows 2000 und Microsoft Office 2000 festzuschreiben.

Für Microsoft Office 2000 gebe es bis zum 30. Juni 2006 und für Windows 2000 Professional bis zum 31. Mai 2007 kostenlose Security Updates und Support durch Microsoft. Bis 2007 sei demnach ein Softwareeinsatz auf der heutigen Basis gesichert. Es müsse aber rechtzeitig eine weitere Weichenstellung folgen. Dann würden der Stadt Nürnberg alle Optionen offen stehen -- "nicht zuletzt aufgrund der weiteren technischen Entwicklung", wie es in der Vorlage des Amtes für den Personal- und Organisationsausschuss vom 11. Mai 2004 heißt.

Der Bericht bezieht sich ausdrücklich auf die Erfahrungen, die derzeit in München bei der Umstellung der PC-Systeme von Microsoft-Produkten auf Open Source gemacht werden. Würden die Ergebnisse einer Studie der bayerischen Landeshauptstadt aus dem Jahr 2003 auf Nürnberg bezogen, ergäben sich bei einer derartigen Umstellung Gesamtkosten von 17,8 Millionen Euro, während eine Umstellung auf Windows XP und Office XP 13,3 Millionen Euro kosten würde. Lizenzkosten machten dabei etwa 5 bis 15 Prozent der Gesamtkosten eines PC-Arbeitsplatzes aus.

Abgesehen von den Kosten verweisen die Nürnberger auch auf Schwierigkeiten der Münchener. So sei bei vielen Anbietern noch nicht klar, ob und wann sie ihre Produkte auf Linux umstellten. Es gebe in München auch "Widerstände in den eigenen Reihen" und nicht genügend Finanzmittel. Doch die Nürnberger haben auch schon eigene Erfahrungen mit Linux und anderen Open-Source-Entwicklungen, da dort sei einigen Jahren Linux-Server in Betrieb seien. Es könne daher bestätigt werden, dass diese einem Vergleich mit kommerziellen Produkten standhalten.

In seinem Fazit schreibt das Amt für Organisation und Informationsverarbeitung, im Serverbereich werde es ein Nebeneinander von Unix, Linux und Windows geben, wobei Linux bevorzugt werde. Auf den Desktops werde auch wegen des fehlenden Migrationszwangs weiterhin Windows vorherrschen. Allerdings soll durch ständige Information der Anwender die für den Umstieg notwendige Akzeptanz für Open Source im Desktop-Bereich erreicht und überhaupt ein "geeignetes Umfeld für einen kostenminimalen Umstieg auf Linux und Open-Source-Software" mit dem Ziel einer weitergehenden Systemunabhängigkeit vorbereitet werden. (anw)