Nuki Smart Locks könnten Paketdiensten bald Haustüren in Deutschland öffnen​

Mit dem Zugang zu elektronischen Türschlössern liefert ein erster Paketdienst in Österreich bis in den Flur. Ein Deutschlandstart ist noch dieses Jahr möglich.​

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Paketbote legt Paket in Hausflur

Sofern man es dem Schlossmotor von Nuki erlaubt, lässt er Paketdienste in den Hausflur, damit man keine Sendung verpasst.

(Bild: Nuki / Österreichische Post)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Berti Kolbow-Lehradt
Inhaltsverzeichnis

Mit "In-Home Delivery" will der österreichische Smart-Lock-Hersteller Nuki ein lästiges Alltagsproblem rund um den Paketempfang lösen. Smarte Schlösser des Herstellers sollen Paketboten auch dann in die Wohnung lassen, wenn niemand zuhause ist. Wenn ein Lieferdienst die Haus- oder Wohnungstür elektronisch öffnen und den Karton dahinter abstellen kann, sind verpasste Zustellungen und extra Wege zu einer Abholstation kein Thema mehr.

Die Österreichische Post bietet die "Vorzimmer-Zustellung" nach ersten Tests im Jahr 2021 ab Juli als reguläre Zustelloption an. Sie hat die Handhelds ihres Lieferpersonals softwareseitig so nachgerüstet, dass sie sich mit der "In-Home Delivery"-Funktion von Nuki verstehen. Dadurch können sie mit dem Einverständnis des Haushalts die Bluetooth-Schlösser des Herstellers öffnen und verriegeln. Das könnte hierzulande bald ebenso klappen. "Die Technik steht und ließe sich innerhalb von drei bis sechs Monaten auch in die Infrastruktur von Logistikfirmen in Deutschland integrieren", sagte Nuki-CEO Martin Pansy gegenüber heise online.

Wenn die Post sich einfach selbst die Tür öffnet

Für die In-Home Delivery muss die Haus- und Wohnungstür mit einem Funk-Motor von Nuki ausgestattet sein. Er wird über einen von innen ins Türschloss gesteckten Schlüssel gestülpt und dreht diesen dann in die gewünschte Richtung. Für den Zustellservice kommen laut Pansy alle Nuki-Modellgenerationen infrage. Die aktuellen Schließmotoren kosten 190 bis 290 Euro.

Zusätzlich braucht man Nukis Bluetooth-WLAN-Bridge (100 Euro) oder man aktiviert – falls verfügbar – das integrierte WLAN der Schlösser. Außer per Nahfunk muss der Schlossmotor für den Zustellservice auch per Internet erreichbar sein. Die "In-Home Delivery"-Funktion läuft nämlich über eine web-basierte API von Nuki. Eine reine Bluetooth-Verbindung reicht anders als im normalen Schließalltag nicht.

Via Nukis App berechtigt man den Lieferdienst, den Schlossmotor ansteuern und die Tür öffnen zu dürfen. Dazu muss man in der Software den Fernzugriff aktivieren und die Hardware online bringen. Das Zustellpersonal legt die Sendungen dann auf einen markierten Platz, signalisiert durch eine spezielle Fußmatte. Umgekehrt nimmt der Paketdienst bei einem Abholauftrag von dort auch entsprechend bereitgestellte Sendungen mit. Ist das erledigt, verlässt er wieder das Zuhause und verschließt die Tür. Mit automatisch öffnenden Türen für Zusteller hat auch Amazon experimentiert.

Der Gedanke, jemand Unbekanntes in Abwesenheit das Zuhause betreten zu lassen, dürfte bei vielen sofort ein mulmiges Gefühl erzeugen. Naheliegende Bedenken wegen etwaigen Diebstahls, Fluchtversuchen von Haustieren und sperrangelweit offen gelassenen Türen haben sich bisher als unbegründet erwiesen, berichtet Nuki-Chef Martin Pansy: "In der Pilotphase gab es diese Probleme nicht."

Wer die Zustelloption der Österreichischen Post nutzen will, muss einen haustierfreien Flur garantieren oder selbst für die Folgen geradestehen. Das Lieferpersonal sei angehalten, das Verriegeln der Tür abzuwarten. Push-Nachrichten auf dem Post-Handheld und optional in der Nuki-App informieren alle Beteiligten über den Schließstatus. Die protokollierte und auf das Lieferzeitfenster befristete Zugangsberechtigung zum Flur beugt heimlichen Besuchen vor. Auf Nummer sicher geht man, indem man die Lieferung per WLAN-Überwachungskamera filmisch dokumentiert – ein Hinweisschild vorausgesetzt.

Die Österreichische Post ist das erste Paketunternehmen, das die Schnittstelle von Nuki in seine IT-Infrastruktur integriert hat. Der Logistikdienst testet die Zustelloption seit 2021 in kleinem Maßstab mit Privathaushalten. Ab Juli 2024 sollen die ersten 200 Adressen für den Regelbetrieb freigeschaltet werden, in den Folgemonaten kontinuierlich mehr. Die Anmeldung ist ab Dienstag auf der Webseite des Paketdienstes möglich. Die Empfangsoption kostet keinen Aufpreis.

Geht es nach Nuki, ist die In-Home Delivery bald außerhalb Österreichs verfügbar. "Technisch spricht nichts dagegen, den Service auch in Deutschland anzubieten. Wir befinden uns in Gesprächen", betont Martin Pansy. Der Nuki-CEO sieht außer bei Paketdienstleistern aus der Größenordnung von DHL und DPD auch Bedarf bei im Vergleich kleineren Lieferdiensten für die Gastronomie, für Getränke- und Gemüsekisten oder für Möbelspeditionen. Der verpasste Sendungsempfang ist in diesen Bereichen ebenfalls ein allseitiges Ärgernis.

"Wegen des tiefen Eingriffes in die IT-Infrastruktur, der Halsschlagader jede Logistikfirma, klappt eine Integration nicht von heute auf morgen. Sie ist aber in maximal einem halben Jahr möglich", schildert Pansy. Daher wäre aus seiner Sicht ein Deutschlandstart bis Ende des Jahres zwar optimistisch, aber machbar.

(dahe)