Nvidia setzt auf die 3D-Revolution

Nvidia will mit dem Entwicklerkongress Nvision mehrere Zeichen setzen. Wichtigste Signale: Es geht um mehr als nur Computerspiele - und Intel macht uns nicht bange.

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Von
  • Erich Bonnert

Die Computergrafikbranche steht vor einer gewaltigen Umschichtung, glaubt Nvidia-Chef Jen-Hsun Huang. Mit dreidimensionalen Bild- und Videosequenzen werden Fernsehschirme und Computerdisplays professionellen wie privaten Anwendern ganz neue Welten erschließen. Voller Stolz eröffnete Huang am Montag Nvidias erstmals in dieser Form veranstaltete Hausmesse Nvision 08 in San Jose – die nach seinen Worten erste Entwicklerkonferenz der Grafikbranche. Auf die schon seit Jahrzehnten bestehende Institution SIGGRAPH angesprochen, erwiderte der Nvidia-Chef: "Die SIGGRAPH ist fabelhaft – aber keine Branchenkonferenz, die das gesamte Ökosystem vom Spielentwickler über den Tool-Hersteller bis zu Autodesignern und Wissenschaftlern umfasst."

Bis in die letzten Nischen dieses Ökosystems soll die kommende Umwälzung reichen. Bisher habe sich bei der Computervisualisierung alles um Farbe und Auflösung gedreht, künftig gehe es um "Dimensionalisierung". Stereoskopische Kinofilme sind die Protagonisten dieser neuen Welle. Mit neuartigen Projektoren werden die aus zwei Blickwinkeln gerenderten Daten auf speziellen Displays abgebildet. Huang zeigte Trailer zur Filmproduktion von "Battleship Galactica", für die das Publikum 3D-Spezialbrillen aufsetzen musste. Zu der Mehrdimensionalität dieses Films gehört auch, dass Hauptdarstellerin Tricia Helfer nicht nur real agiert, sondern ihr virtuelles Abbild bis zu sieben Mal in der gleichen Szene auftritt. Mehrere große Animationsstudios, darunter Dreamworks und Pixar, haben begonnen, alle ihre Filme stereoskopisch zu produzieren.

Jeff Han führt das Multitouch-Display vor: Auch Druckstärke und Bewegungsrichtung der Finger werden von Sensoren registriert.

Ein anderes markantes Beispiel der Mehrdimensionalität zeigte Jeff Han, der Gründer der Firma Perceptive Pixels: Han hat das Konzept der Multitouch-Displays  mitentwickelt, dem auch Apples iPhone-Bildschirm zugrunde liegt. An einem mannshohen Monitor demonstrierte er die beidhändige Bedienung beim Vergrößern, Verkleinern und Verschieben von Fenstern und Anwendungen. Land- und Wetterkarten, Info-Grafiken und Tabellen könnten so bespielsweise von mehreren Personen vorgeführt und manipuliert werden. Der Kabelsender CNN setzt eines von Hans Displays allabendlich mit großem Erfolg bei der US-Wahlberichterstattung ein.

Anhand der koreanischen Virtual-World-Anwendung Nurien erläuterte Huang, wie 3D-Welten und soziale Netzwerke nach seiner Erwartung zusammenwachsen. Mit einer Mischung aus Second Life und World of Warcraft erlaubt Nurien das Erstellen von 3D-Avataren, die der Benutzer gegen Bezahlung mit Kleidung, Werkzeugen und speziellen Fähigkeiten ausstatten kann. Sing- und Tanztalente etwa fördern den sozialen Status ebenso wie modische Schuhe oder die richtigen Bewegungen. Eine spezielle Körpersprache ist in Nurien ebenso käuflich wie etwa eine Clique von Freunden, die den eigenen Avatar ständig begleitet. Nvidia sieht in der wachsenden Popularität der virtuellen Welten ein gewaltiges Potenzial für die eigenen Grafikprozessoren: Rund 200 Millionen Internet-Teilnehmer – zirka jeder 70ste – seien bereits bei solchen 3D-Diensten registriert, erklärte Huang. In fünf Jahren werde jeder siebte Internet-Anwender solche Services nutzen.

So extrapoliert Nvidia die bisherige Leistungsentwicklung seiner GPU auf das Jahr 2013.

Die Konkurrenz bereitet Huang dabei wenig Kopfzerbrechen. Schon im Vorfeld der Nvision hatte Nvidia Larrabee, den kommenden Multicore-Chip von Intel mit speziellen Grafikkernen, abfällig beurteilt. Intel habe Larrabee mit Grafikchips von 2006 verglichen. Bei der Pressekonferenz am Montag betonte Huang noch einmal: "Bis Larrabee auf den Markt kommt, ist unsere Technologie diesem Niveau bereits weit voraus."

Zur Bekräftigung verriet Senior Vice President Tony Tamasi danach einige Details über Nvidias kommende GPU-Generationen. Das Programmiermodell soll bedeutend erweitert werden, was den Kreis der Entwickler vergrößern dürfte. Außer den Grafikprogrammiermodellen (OpenGL, DirectX) wird jetzt auch C unterstützt, danach folgen C++ und Fortran. Grafik- und allgemeine Berechnungsaufgaben können "frei weg in einem Thread gemischt" werden, erklärte Tamasi. In fünf Jahren soll eine Nvidia-GPU damit eine Gleitkommaleistung von mindestens 20 TFLOPS erreichen. Die Speicherbandbreite werde bei über 1 TByte pro Sekunde liegen. Die heutige Spitzenleistung der GeForce GTX 280 liegt bei rund 1 TFLOPS und zirka 140 GByte pro Sekunde. (Erich Bonnert) (mfi)