O2 TelefĂłnica und Ericsson demonstrieren Gigabit-schnelle Datendusche per mmWave

Die in einem privaten Mobilfunknetz erprobte Technik dĂĽrfte sowohl die Industrie als auch Gamer ansprechen.

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(Bild: Burunduk's (Shutterstock) / BMWi)

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O2 TelefĂłnica und Ericsson haben im Labor erstmals 5G-MobilfunkĂĽbertragungen per mmWave-Technik im 26-GHz-Band auf Basis der Cloud-RAN-Technik ausprobiert. Dabei haben sie ĂĽber ein 800 MHz breites Band "mehr als 4 GBit/s" ĂĽbertragen.

Damit liefert dieser Aufbau rund die vierfache Geschwindigkeit von kabelgebundenen Gigabit-Ethernet-Netzwerken, sodass sich spontan die Frage stellt, wofür man das braucht. Beide Unternehmen denken dabei zwar auch an Privatanwender und bringen Cloud-Gaming mit großen Datenvolumina und kurzen Latenzen deutlich unter 10 ms ins Spiel. Dafür könnten Gamer dann "zusätzliche Netzkapazitäten buchen", die per mmWave ins Haus geliefert werden. Aber noch sind solchen Tarife oder Endgeräte nicht in Sicht und genaugenommen liegt das Hauptanwendungsgebiet der ultraschnellen Mobilfunkübertragung in der Industrie.

Beispielsweise können in Produktionsstraßen Autos an einem vordefinierten Punkt binnen kürzester Zeit mit sämtlicher Software bespielt werden – im Autobauer-Jargon wird der Vorgang Datendusche genannt. Auf Baustellen lassen sich hochaufgelöste Röntgenbilder von Beton- und Stahlkonstruktionen umgehend zum auswertenden Computer übertragen und Netzbetreiber können mittels der Technik funkgestützte Festnetzanschlüsse mit Gigabit-Kapazitäten anbieten (Fixed Wireless Access, FWA).

Im Laboraufbau haben die beiden Unternehmen erstmals die Cloud-RAN-Technik eingesetzt. Damit virtualisiert Telefónica einige Bestandteile und Funktionen des Funkzugangsnetzes und betreibt diese als Software. Ähnlich dem Open-RAN-Konzept können Mobilfunknetzbetreiber also gängige Hardware verwenden, etwa Rechner mit Intel-Chipsätzen.

Die Grundlage für die schnellen Übertragungen sind extrabreite Funkbänder. Bisher sind im LTE- und 5G-Mobilfunk einzelne Funkbänder von 10 oder 20 MHz Breite üblich, zusammengefasst per Carrier Aggregation auch mal 80 oder 100 MHz, denn im gängigen Bereich unter 3 GHz sind große Teile des Spektrums längst anderweitig vergeben. Mit Funkbändern im Millimeterwellenbereich (kurz mmWave) erschließt sich die Mobilfunkbranche nun auch in Europa weitaus breitere Bänder in zuvor brachliegenden Teilen des Funkspektrums. In den USA haben AT&T, T-Mobile und Verizon schon vor einigen Jahren mit dem Aufbau der mmWave-Technik begonnen und beispielsweise als Festnetzersatz erprobt – damit sparen sich die Netzbetreiber aufwendige Verlegearbeiten für Glasfaseranschlüsse.

Aber auch für das mmWave-Band gilt: Je höher die Frequenz, desto kürzer die Reichweite. Entsprechend überbrückt eine Basisstation mit 26 GHz bestenfalls einige hundert Meter, während sie per 1800-MHz-Frequenzen Umkreise von mehreren Kilometern abdeckt. Deshalb sind beispielsweise Netzbetreiber kaum daran interessiert, mmWave flächendeckend anzubieten. In Deutschland will man die Technik eher für private Mobilfunknetze (Campusnetze auf nichtöffentlichem Gelände) verwenden, also etwa in der Fertigungstechnik zur schnellen Vernetzung von Robotern.

Unter anderem deshalb hat die Bundesnetzagentur eigens für Campusnetze zwei Funkbänder reserviert: Den Bereich von 3,7 bis 3,8 GHz (5G-Band n78, LTE-Band 43) und den Abschnitt von 24,25 bis 27,50 GHz (kurz 26-GHz-Band). Das Band n78 wird bereits länger bewirtschaftet; dafür liefern diverse Firmen geeignete Netzwerkgeräte wie Basisstationen, Server, Router, Adapter und auch Smartphones. So hat die Bundesnetzagentur bereits über 300 Firmen Nutzungsrechte für privaten Mobilfunk im Band n78 erteilt. Für das 26-GHz-Band waren es bis Mitte Juli insgesamt 17 Unternehmen. Neben Telefónica gehören dazu der Flugzeugbauer Airbus Defence and Space, Nokia Networks und die Universitäten von Dortmund und Dresden.

(dz)