Oberstes US-Gericht stellt GPS-Überwachung in Frage

Die Richter am Supreme Court waren irritiert von der Ansage eines Regierungsvertreters, dass auch ihre Autos ohne richterliche Anordnung monatelang mit einem Satellitenpeilsender verfolgt werden können sollten.

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Der Oberste US-Gerichtshof hat bei einer Anhörung (PDF-Datei) am Dienstag die Möglichkeiten zur Überwachung Verdächtiger mit GPS-Technologie skeptisch beurteilt. Besonders irritierte die Richter am Supreme Court die Aussage eines US-Regierungsvertreters, dass auch ihre Autos ohne richterliche Anordnung monatelang mit einem Satellitenpeilsender verfolgt werden können sollten. Ob Washington ein solches Verfahren tatsächlich für verfassungsgemäß halte, wollte der Vorsitzende Richter John Roberts wissen.

Für das Justizministerium bejahte das Michael Dreeben, solang sich die Überwachung auf das öffentliche Straßenland beziehe. Dem Anwalt fiel es bei der gut einstündigen mündlichen Verhandlung nicht leicht, die Regierungslinie der nicht von einem Gericht zu kontrollierenden GPS-Verfolgung zu verteidigen. Sechsmal fühlten sich die Verfassungshüter an den Roman "1984" von George Orwell erinnert. Dreeben versuchte dagegen, das Anbringen von Peilsendern an Fahrzeugen als technische Fortsetzung klassischer Polizeiarbeit darzustellen.

Die Ermittler dürften auch ohne das Plazet eines Richters Mülltonnen durchsuchen, Verbindungsdaten abrufen oder Verdächtigen rund um die Uhr folgen, erklärte der Regierungsvertreter. Einen besonderen Schutz durch die Verfassung genössen alle Handlungen in den eigenen vier Wänden oder innerhalb eines Autos. Was eine Person der Außenwelt mitteile einschließlich ihrer Fortbewegung in der Öffentlichkeit dürfe dagegen aufgezeichnet und verfolgt werden. Hier gälten geringere Erwartungen an die Privatsphäre.

Richter Samuel Alito gab zu bedenken, dass es mit vernetzten Computer sehr einfach geworden sei, enorme Datenbestände anzuhäufen. Man könne daher nicht sagen, dass sich mit der digitalen Technologie nichts verändert habe. Dreeben entgegnete, dass es nicht um die Rundum-Beschattung jedes US-Bürgers gehe. Es ging im konkreten Fall um einen Drogendealer, gegen den es starke Verdachtsmomente gegeben habe. Insgesamt schätzte er, dass Behörden wie das FBI die Satellitenpeilung in einigen tausend Fällen bislang eingesetzt hätten.

Nicht ganz zufrieden waren die Verfassungshüter auch mit den Ausführungen des Anwalts der Gegenseite, Stephen Leckar, der den zunächst wegen Drogenhandels verurteilten US-Bürger Antoine Jones vertrat. Ein Berufungsgericht hatte das Urteil der ersten Instanz gegen den Beschuldigten aufgehoben, da die Ermittler keinen gültigen Durchsuchungsbefehl zu dessen GPS-Verfolgung vorweisen konnten. Dies wollte wiederum das Justizministerium nicht hinnehmen und schaltete den Supreme Court ein.

Die Richter monierten nun, dass Leckar ebenfalls keine klare Grenze zwischen gängiger Polizeiarbeit und einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre Betroffener aufgezeigt habe. Den von ihm gemachten Vorschlag, eine GPS-Überwachung für einen Tag ohne Richtererlaubnis zur Bestätigung eines Anfangsverdachts durchführen zu können, hielten sie nicht für tragfähig. Mit dem Urteil ist im Frühsommer zu rechnen. (vbr)