Ökodesign-Verordnung: EU-Vorschrift soll Lebensdauer von Geräten verlängern

Die verabredeten neuen Ökodesign-Vorschriften sollen sorgen dafür, dass Produkte länger halten sowie einfacher zu reparieren, aufzurüsten und zu recyceln sind.

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(Bild: adriaticfoto/Shutterstock.com)

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In der Nacht zum Dienstag haben sich Unterhändler aus dem EU-Parlament, dem Ministerrat und der Kommission auf einen Kompromiss zur geplanten Ökodesign-Verordnung verständigt. Hauptziel ist es demnach, einen Ausweg aus der Wegwerf-Gesellschaft zu eröffnen und die Kreislaufwirtschaft zu stärken. Die neuen Vorschriften sollen dafür sorgen, dass Produkte länger halten sowie einfacher zu reparieren, aufzurüsten und zu recyceln sind. Die Anforderungen berücksichtigen laut der Übereinkunft auch Praktiken im Zusammenhang mit vorzeitiger geplanter Obsoleszenz. So soll verhindert werden, dass ein Produkt etwa aufgrund von Designmerkmalen, Nichtverfügbarkeit von Verbrauchsmaterialien und Ersatzteilen oder fehlenden Software-Updates nicht mehr funktions- oder weniger leistungsfähig ist.

Hersteller müssen demnach prinzipiell Programm-Aktualisierungen, Verbrauchsmaterialien wie Tintenpatronen, Glühbirnen oder Kaffeepads, Ersatzteile und Zubehör für einen angemessenen Zeitraum zur Verfügung stellen. Eine genaue Spanne wird nicht vorgesehen. Das Bundesjustizministerium ging angesichts anderer EU-Gesetze davon aus, dass etwa Software-Updates im Durchschnitt "für fünf Jahre bereitgestellt werden müssen". Auf Initiative des Parlaments einigten sich die Verhandlungsführer darauf, dass die Kommission in ihrem ersten Arbeitsplan spätestens binnen neun Monaten nach Inkrafttreten der Regeln Produktgruppen wie Eisen, Stahl, Aluminium, Textilien, Möbel, Reifen, Reinigungsmittel, Farben, Schmierstoffe und Chemikalien Priorität einräumen sollen.

Die umrissene Verordnung gilt grundsätzlich für fast alle Warenkategorien, also etwa für Geschirrspüler, Fernseher, Telefone, Laptops, Fenster und Autoladegeräte. Sie schafft einen harmonisierten Rahmen für die Festlegung von Anforderungen für entsprechende Produktgruppen. Schon nach der bestehenden Ökodesign-Richtlinie müssen diese energie- und ressourceneffizient hergestellt werden. Die Verordnung wird diese Auflagen deutlich ausweiten und direkt in allen Mitgliedsstaaten anwendbar sein. Außen vor bleiben etwa Autos, wenn für sie in anderen Gesetzen schon einschlägige Vorschriften gelten. Auch Produkte, die Auswirkungen auf die Verteidigung oder die nationale Sicherheit haben, fallen nicht in den Anwendungsbereich. Die Kommission kann weitere Produktgruppen einbeziehen, um deren Umweltverträglichkeit zu verbessern. Die Industrie und die nationalen Behörden haben dann 18 Monate Zeit, sich darauf einzustellen.

Ein neuer digitaler Produktpass soll – etwa über einen QR-Code – Auskunft über die Nachhaltigkeit von Waren geben. Die Gesetzgeber erhoffen sich davon eine Hilfe für Verbraucher und Unternehmen, beim Kauf von Produkten fundierte Entscheidungen zu treffen. Behörden soll es so zudem einfacher fallen, Prüfungen und Kontrollen durchzuführen. Gemäß dem vereinbarten Text wird die Kommission ein öffentliches Webportal einrichten, über das Verbraucher die in Produktpässen enthaltenen Informationen suchen und vergleichen können. Anbieter wie Amazon, die nicht verkaufte Waren oder Retouren teils vernichten, müssen jährlich die Mengen der von ihnen entsorgten Produkte sowie die Gründe dafür melden. Die Vernichtung nicht verkaufter Bekleidung, Accessoires und Schuhe soll zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes ausdrücklich verboten sein. Für mittelständische Unternehmen gilt eine Übergangsfrist von sechs Jahren.

"Nachhaltige Produkte werden zur Norm. Sie werden es den Verbrauchern ermöglichen, Energie zu sparen, Reparaturen durchzuführen und kluge Umweltentscheidungen zu treffen", begrüßte die Berichterstatterin des Parlaments, die Sozialdemokratin Alessandra Moretti, die Einigung. "Wir wollen sicherstellen, dass alle nachhaltigen Dimensionen der Produktherstellung bereits in der ersten Phase der Konzeption berücksichtigt werden", betonte der spanische Industrieminister Jordi Hereu i Boher für den Rat. Die Kommission sprach von einem "wichtigen Meilenstein für den Green Deal". Die EU-Verbraucherschutzorganisation Beuc zeigte sich erleichtert über die Vorgaben nach zahlreichen Beschwerden über kurzlebige Handys, Bildschirme und andere Alltagsgegenstände. Online-Marktplätze würden aber kaum angehalten, die Nachhaltigkeitsvorschriften für die von ihnen verkauften Produkte einzuhalten. Dies öffne Hintertüren. Generell fielen Maßnahmen zur Marktüberwachung zu schwach aus. Das Europäische Umweltbüro vermisst ein Verbot, Elektronikgeräte zu vernichten.

(olb)