Österreichs A1 im Korruptionssumpf: Erste Beteiligte packen aus

Eine Manipulation des Aktienkurses im Jahr 2004 soll Managern der teilstaatlichen A1 (damals Telekom Austria) 9,2 Millionen Euro eingebracht haben. Ein Börsenhändler sowie ein ehemaliger A1-Manager packen laut österreichischen Medienberichten aus.

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Eine Manipulation des Aktienkurses im Jahr 2004 soll Managern der teilstaatlichen A1 (damals Telekom Austria) 9,2 Millionen Euro eingebracht haben, auf Kosten der Aktionäre und damit auch der Steuerzahler. Dies könnte jetzt laut einem Bericht des Magazin News erstmals nachgewiesen werden: Ein Börsenhändler sowie ein ehemaliger A1-Manager packen aus. Bei Letzterem handelt es sich um den als "Mobbing-Manager" bekannt gewordenen Gernot Schieszler. Er hofft auf Strafmilderung durch eine neue Kronzeugen-Regelung. Für Ex-Festnetzchef Rudolf Fischer ist es für diesen Status wohl zu spät, er wurde von der Polizei zum Verhör vorgeführt, wie das Magazin News in seiner jüngsten Ausgabe meldet.

Kurz vor dem A1-Börsegang im Jahr 2000 wurde für rund 100 Manager des Unternehmens ein Optionsprogramm aufgelegt (etwa 30 dieser Manager sind noch heute im Unternehmen tätig). Sollte der Durchschnitt der Schlusskurse in einer von vier bestimmten Handelswochen der Jahre 2002 bis 2004 um 30 Prozent über dem Ausgabekurs liegen, sollten sie Prämien erhalten. Die ersten drei Termine verstrichen ergebnislos, doch Ende Februar 2004 schien das Kursziel in Reichweite. Aber erst durch eine enorme Kauforder von 900.000 Aktien kurz vor Handelsschluss schnellte der Kurs nach oben. In letzter Sekunde wurde ein Zuwachs von 30,022 Prozent erreicht. Daraufhin musste A1 rund 100 Managern insgesamt rund 9,2 Millionen Euro auszahlen. Generaldirektor Heinz Sundt erhielt 390.000 Euro, seine Vorstandskollegen Fischer, Stefano Colombo und Boris Nemsic je 320.000 Euro. Der aktuelle Chef Hannes Ametsreiter erhielt immerhin noch 92.000 Euro, die er letzte Woche auf ein Treuhandkonto gelegt hat.

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) ermittelte im Jahr 2004 umgehend. Der Wertpapierhändler Johann Wanovits (Euro Invest), der den Aktienkauf auf Pump finanziert durchgeführt hatte, gab an, im Eigeninteresse gehandelt zu haben. Wie das Magazin profil berichtet, soll er gegenüber seinem deutschen Kreditgeber aber ein Kundengeschäft als Grundlage genannt haben. Die FMA verhängte eine Strafe, die jedoch vom zuständigen Höchstgericht Verwaltungsgerichtshof (VwGH) aufgehoben wurde: Der Begriff der Marktmanipulation war zum Tatzeitpunkt börsenrechtlich juristisch weit enger definiert als heute.

Im Zuge anderer Skandale um A1 sowie weitere staatsnahe Betriebe wie ÖBB und Buwog befasste die Nationalratsabgeordnete Gabriele Moser (Grüne) die Staatsanwaltschaft mit dem Prämienfall. Diese durchsuchte die Räumlichkeiten der Euro Invest, wobei Wanovits laut profil eingeknickt sein soll. Er habe Telekom-Manager als Auftraggeber genannt, Kontaktmann sei Gernot Schieszler gewesen. Dieser war damals enger Mitarbeiter von Finanzvorstand Colombo und machte in der Folge weiter Karriere. An den Prämien naschte er jedoch nur zu 10.000 Euro mit.

Nach profil-Recherchen wurden Wanovits 1 Million Euro "Risikoprämie" versprochen, aber nur knapp 600.000 Euro tatsächlich ausbezahlt. Das Geld stammte aber keineswegs von den Begünstigten, sondern wiederum aus den Kassen der A1 und damit der Aktionäre und Steuerzahler. Ein großer Brocken soll in Zahlungen an den Lobbyisten Peter Hochegger versteckt worden sein. Das Geld soll von Hochegger bar an Telekom-Manager zurückgegeben und an Wanovits weitergereicht worden sein. Zudem gebe es eine Rechnung über 175.000 Euro, die Hochegger später an Wanovits für eine Studie über "Investitionsmöglichkeiten in erneuerbare Energien" gezahlt habe. Gefunden wurde die Studie noch nicht.

Kontaktmann Schieszler soll von den Prämien relativ wenig gesehen haben, die Rede ist von 10.000 Euro. Gegenüber der Staatsanwaltschaft soll er plötzlich sehr gesprächig sein. Ob er den Kronzeugenbonus bekommt, ist aber noch offen. Der damalige Festnetzchef-Fischer hat, wie seine Vorstandskollegen, siebeneinhalb Jahre jedes unrechtmäßige Verhalten abgestritten. Im Verhör vergangene Woche soll Fischer aber zugegeben haben, "im Nachhinein" von der Kursmanipulation erfahren zu haben.

In einem 400-seitigen Geheimpapier, das dem profil nach eigenen Angaben vorliegt, sollen mehrere unabhängige Kreise mit Selbstbedienungsmentalität oder anderen fragwürdigen Geschäftspraktiken aufgedeckt werden. Viele Millionen seien ohne erkennbare Gegenleistung ausgegeben, Rechnungen rückdatiert, Kontrollsysteme umgangen worden. Die verdächtigen Geldflüsse seien vor allem Richtung Hochegger geflossen, aber auch der Waffenlobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly, Ehemann der ÖVP-Spitzenpolitikerin Maria Rauch-Kallat, soll immerhin 1,1 Millionen Euro erhalten haben. (jk)