Österreichs Nationalrat will Vorratsdatenspeicherung beschließen

Die erste Kammer des österreichischen Parlaments wird heute voraussichtlich die Einführung der Vorratsdatenspeicherung zum April 2012 beschließen.

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Die erste Kammer des österreichischen Parlaments, der Nationalrat, wird am heutigen Donnerstag voraussichtlich die Vorratsdatenspeicherung beschließen. Mit Ausnahme der SPÖ-Abgeordneten Sonja Ablinger dürften die Regierungsfraktionen SPÖ und ÖVP dafür, die Opposition aus Freiheitlichen, Grünen und BZÖ dagegen stimmen. Gerüchte über weitere Verweigerer in den Regierungsfraktionen sind widersprüchlich. Die Zustimmung der 2. Kammer, des Bundesrates, gilt nur als Formsache, da die Regierungsfraktionen SPÖ und ÖVP auch dort über eine komfortable Mehrheit verfügen. Die Novellen von Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003), Strafprozessordnung (StPO), Sicherheitspolizeigesetz (SPG) und Strafgesetzbuch (StGB) sollen im April 2012 in Kraft treten.

Damit wird Österreich im zweiten Anlauf die Vorratsdatenspeicherung bekommen. Ein erster Entwurf war gemeinsam mit der Vorgängerregierung gescheitert. Die EU-Kommission klagte erfolgreich gegen Österreich, da die Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung nicht umgesetzt worden war.

Ab April 2012 sollen in Österreich personenbezogene Daten über die Nutzung von Telefon und Internet (samt E-Mail und bestimmten VoIP-Diensten) für sechs Monate gespeichert werden – unabhängig davon, ob ein Betroffener einer Straftat verdächtig ist oder nicht. Staatsanwaltschaften und Kriminalpolizei dürfen dabei auf Teile der Daten (Stammdaten und Zugangsdaten) auch ohne Überprüfung durch einen Richter zugreifen.

Auf eine öffentliche Begutachtung des neuen Entwurfs hatte die Regierung verzichtet. In den für Strafrecht und Telekommunikation zuständigen Ausschüssen wurde je ein Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen angenommen. Abänderungen dürfen laut Parlament "aus rechtlichen Gründen" nicht übermittelt werden. Das öffentliche Wissen beschränkt sich zurzeit auf wenig verständliche Zusammenfassungen in den Ausschussberichten. Im Plenum könnte ein weiterer Abänderungsantrag eingebracht werden. Grundlegende Änderungen sind aber nicht zu erwarten.

Die Vorratsdatenspeicherung ist in der bereits laufenden Sitzung zwar der zweite Diskussionspunkt, doch zu Beginn präsentiert sich die auf ÖVP-Seite umgebildete Regierung dem Parlament. Hier haben sich rund 50 Abgeordnete und Regierungsmitglieder zu Wort gemeldet. Die Vorratsdatenspeicherung könnte daher erst nach 13 Uhr diskutiert werden, wenn die Live-Übertragung auf ORF2 beendet ist. (anw)