Offener Brief: Bruce Schneier warnt US-Politik vor Kryptowährungs-Lobbyismus

Kryptowährungsfirmen in den USA setzen verstärkt auf Lobbyismus. Davor warnen Informatiker wie Bruce Schneier und sprechen der Blockchaintechnik den Nutzen ab.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 51 Kommentare lesen
Barrier,Gate,With,Bitcoin,Prohibition,Sign.,Cryptocurrency,Ban,Conceptual,3d

(Bild: Novikov Aleksey/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Informatiker und Technologie-Experten wie der bekannte Kryptograph Bruce Schneier haben die US-Politik in einem offenen Brief parteiübergreifend aufgerufen, sich nicht von den Lobbybemühungen aus der Kryptowährungs-Branche beeinflussen zu lassen. "Wir fordern Sie auf, dem Druck der Finanziers, Lobbyisten und Antreiber der Digitalgeldindustrie zu widerstehen und keinen sicheren Hafen für diese riskanten, fehlerbehafteten und wenig erprobten Finanzinstrumente zu schaffen", heißt es in dem auch online veröffentlichten Schreiben, das 26 Personen unterzeichnet haben.

"Die Behauptungen der Blockchain-Vertreter sind falsch", sagte Bruce Schneier. "Es ist nicht sicher, es ist nicht dezentral. Jedes System, wo man sein Passwort vergisst und seine gesamten Ersparnisse verliert, ist nicht sicher." Neben Schneier gehören auch Mozilla-Mitgründer Jamie Zawinski, der ehemalige AWS-Vizepräsident Tim Bray und der deutsche Informatiker Jürgen Geuter, auch bekannt als "tante", zu den Unterzeichnern des Briefs.

Laut einer im März veröffentlichten Studie der Verbraucherrechtsorganisation Public Citizen haben in den USA die Lobbyausgaben der Kryptowährungsfirmen in den vergangenen Jahre erheblich zugenommen. So habe sich etwa die Zahl der professionellen Lobbyisten pro Kryptowährung von 2018 bis 2021 fast verdreifacht – von 115 auf 320. Die jährlichen Ausgaben hätten sich vervierfacht, von 2,2 Millionen US-Dollar im Jahr 2018 auf 9 Millionen US-Dollar im Jahr 2021. Zu den größten Zahlern für Politik-Beeinflussung zählen dabei die Kryptowährungsbörse Coinbase und die Plattform Ripple Labs. Anders als in Deutschland müssen sich in den USA Lobbyisten in ein öffentliches Register eintragen.

Die Blockchain-Befürworter argumentieren unter anderem, dass Kryptowährungen mehr finanzielle Privatsphäre erlaubten, einen Schutz gegen Inflation böten und Menschen ohne Bankkonto eine leichtere Versorgung mit Finanzdienstleistungen ermöglichten.

Die Verfasser und Unterzeichner des Briefs überzeugt das aber offenbar nicht. Sie machen sich für eine Regulierung stark, die im Interesse der Verbraucher liege, und kritisierten, dass Blockchain-Technologien bislang kaum echte Anwendungen für die Wirtschaft gebracht hätten. Vielmehr wären sie ein Vehikel für unseriöse und hochvolatile Kryptogeldanlagen, welche Kleinanlegern angedient würden, die die Risiken kaum einschätzen könnten. Dazu kämen noch Probleme wie verbreiteter Betrug und der hohe Stromverbrauch durch Proof-of-Work-Währungen wie den Bitcoin.

Ein weiterer im Brief angeführter Kritikpunkt ist, dass die Blockchain-Währungen keinen direkten Mechanismus haben, um Transaktionen rückgängig zu machen. Die meisten öffentlich einsehbaren Blockchains seien auch ein "Desaster für die Privatsphäre" – Privacy Coins, die echte Anonymität böten, hingegen ein Geschenk für Geldwäscher. Auch nach 13 Jahren Entwicklung zeigten die Kryptowährungen schwere Einschränkungen und Designfehler und brächten der Gesellschaft kaum einen Nutzen. Eine Verbesserung zu bereits existierenden Anwendungen und Diensten ohne Blockchain sei nicht erkennbar.

(axk)