Online-Hotline: Deutlich mehr Beschwerden über Spam im Corona-Jahr

2020 erhielt die eco-Beschwerdestelle 431.236 Eingaben zu unerwünschten Mails. Beim Jugendmedienschutz war die Zahl der berechtigten Hinweise so hoch wie nie.

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(Bild: ravipat/Shutterstock.com)

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Parallel zur Coronavirus-Pandemie grassierte 2020 im Internet die Spam-Seuche besonders stark. Im 25. Jahr ihres Bestehens erreichten die Online-Beschwerdestelle des eco-Verbands der Internetwirtschaft im vorigen Jahr insgesamt 431.236 Beschwerden über ungewünschte Werbemails. Das sind über 50 Prozent mehr als 2019. Darunter sollen aber auch viele Mehrfachmeldungen gewesen sein.

"Auffällig schnell" hätten die Spammer "die Aufmachung und beworbenen Inhalte der einschlägigen E-Mails auf die Pandemielage angepasst", heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Jahresbericht der Internet-Hotline (Download: Jahresbericht 2020 - eco Beschwerdestelle ). So seien etwa verstärkt rechtswidrig Kaufangebote für Atemschutzmasken verschickt worden.

Die ertappten Versender werden in der Regel laut dem eco "auf die rechtlichen Voraussetzungen für zulässiges E-Mail-Marketing hingewiesen" und gebeten, diese künftig einzuhalten. Gegebenenfalls werde auch der Provider eingeschaltet, der zum Spam-Versand genutzt wurde. Dieser könne dann "weitere Maßnahmen" ergreifen etwa beim Einsatz von Botnetzen oder gegenüber "nicht direkt einsichtigen" Übeltätern.

Bei Verstößen gegen die Regularien der Certified Senders Alliance (CSA) folgten bei Mitgliedern dieses Zusammenschlusses in jedem Fall Schritte, "um künftig einen regelkonformen Versand zu gewährleisten".

Getrennt vom Bereich Spam erfasst der Hotline-Betreiber vor allem Hinweise auf illegale Inhalte im Feld Jugendmedienschutz. Dort war die Zahl der berechtigten Beschwerden mit klarem Rechtsverstoß mit insgesamt 5523 Fällen so hoch wie nie zuvor. Sie stieg gegenüber dem Vorjahr um knapp 19 Prozentpunkte an.

Die Befürchtung, dass im Pandemiejahr mit längeren Online-Zeiten der Nutzer die Meldungen generell nach oben schnellten, bestätigte sich nicht. Insgesamt gingen 14.420 Hinweise wegen potenziell strafbarer oder jugendmedienschutzrechtlich relevanter Inhalte ein, während es 2017 rund 70.000 waren. Die Zahl der berechtigten Beschwerden zu Darstellungen des sexuellen Missbrauchs und der Ausbeutung von Minderjährigen stieg 2020 um rund sechs Prozent an.

Dieser Bereich machte erneut den Hauptanteil der Hinweise auf tatsächlich rechtswidrige Inhalte vor allem im Web aus mit insgesamt 4664 Fällen. Der Großteil davon bezog sich – ebenfalls wie in den Vorjahren – auf Bilder und Videos, die als Kinderpornografie im Sinne von Paragraf 184b Strafgesetzbuch (StGB) zu qualifizieren waren. Die Variante der tatsächlichen Darstellung des sexuellen Kindesmissbrauchs betrug 48,5 Prozent der berechtigten Fälle, was einem Minus von 15 Prozentpunkten entspricht. Dieser Anteil liegt damit etwa wieder bei dem von 2018.

Ein gutes Viertel der berechtigten Hinweise betraf sogenannte Posendarstellungen, also Abbildungen von Minderjährigen in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung, die hierzulande online nicht verbreitet werden dürfen. Hier war gegenüber 2019 ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Gut 600 berechtigte Beschwerden bezogen sich auf einfache, rund 120 auf harte Pornografie.

750 Meldungen erhielt die Hotline zu potenziell verfassungsfeindlichen Inhalten, während es im Vorjahr noch über 950 waren. Nur 9,6 Prozent dieser Hinweise stuften die Prüfer aber als tatsächlich rechtswidrig ein. Dazu zählten vor allem Volksverhetzung sowie das Verbreiten von Propagandamitteln und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

"Die Anschläge in Halle und Hanau, der Mord an Walter Lübcke oder auch der über das Netz organisierte Sturm auf das US-Kapitol haben viele Menschen wachsamer gegen extremistisches Gedankengut und populistische Inhalte gemacht", erklärt die Leiterin der Beschwerdestelle, Alexandra Koch-Skiba, die Diskrepanz. Nicht alles, was extremistisch klingt, sei aber auch wirklich strafbar. Hier sei eine intensive Prüfung nötig. Gerade bei Unsicherheiten sei es aber wichtig, solche Inhalte zu melden.

Insgesamt gab die Institution im vergangenen Jahr 9080 Hinweise an die internationale Hotline Inhope, Provider sowie die Polizei weiter. Der verhältnismäßig geringe Anteil von 15 Prozent der Meldungen an die Strafverfolger führten die Betreiber darauf zurück, dass bei im Ausland gehosteten Missbrauchsdarstellungen von Kindern regelmäßig nur dann das Bundeskriminalamt (BKA) involviert werde, sofern keine Inhope-Partnerbeschwerdestelle existiere. So könne Doppelarbeit vermieden werden.

97,7 Prozent der monierten Inhalte im Web konnten 2020 erfolgreich entfernt werden oder wurden anderweitig legalisiert, etwa mit einer Altersbeschränkung für Kinder und Jugendliche. 2019 hatte die Erfolgsquote bei 95,5 Prozent gelegen. Erneut waren weniger als ein Fünftel der beanstandeten URLs in Deutschland gehostet.

Im Vergleich zu den Vorjahren gingen 2020 die Verfügbarkeitszeiten vor allem bei Missbrauchsdarstellungen zurück. In Deutschland gehostete Inhalte waren durchschnittlich nach 2,4 Tagen gelöscht, weltweit dauerte es 6,4 Tage. Bei verfassungsfeindlichen Inhalten ist die Erfolgsquote niedriger, die Verweildauer mit durchschnittlich über zehn Tagen höher.

Insgesamt wertete Koch-Skiba die Bilanz als Zeichen dafür, dass "die freiwillige Selbstregulierung funktioniert – auch international". Zusätzliche Mechanismen wie verpflichtende Upload-Filter würden diesen Ansatz nur konterkarieren.

(kbe)