Online-Kleinkredite: Schufa meldet Boom bei "Buy now, pay later"
Die Zahl der Ratenkredite unter 1000 Euro ist 2023 von 3,8 auf 4,4 Millionen gestiegen. Grund dafĂĽr sind vor allem "Buy now, pay later"-Angebote im E-Commerce.
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(Bild: Ivan Kruk/Shutterstock.com)
Deutsche Verbraucher nehmen Kleinkredite immer stärker in Anspruch – und zwar nicht mehr nur junge Menschen, die online einkaufen. Die Nachfrage nach höheren Krediten nimmt dagegen ab. Das geht aus dem am Dienstag veröffentlichten aktuellen Risiko- und Kredit-Kompass der Schufa hervor, der Fakten zum Kredit- und Zahlungsverhalten der Deutschen im vorigen Jahr liefert. Die Anzahl der neu aufgenommenen Ratenkredite insgesamt ist demnach 2023 relativ konstant geblieben, bei einem Plus von einem Prozent. Zugleich sind Kleinkredite aber erneut deutlich stärker gefragt: Die Zahl der Ratenkredite unter 1000 Euro ist von gut 3,8 Millionen im Jahr 2022 auf rund 4,4 Millionen im Jahr 2023 gestiegen, also um etwa 14 Prozent.
Dabei fällt fast jeder zweite neu aufgenommene Ratenkredit, den die Schufa im vergangenen Jahr erfasst hat, in diese Kategorie der vergleichsweise kleinen Summen. Als Grund dafür nennt die Auskunftei nicht zuletzt die umstrittenen "Buy now, pay later"-Angebote (BNPL) im E-Commerce. Bei diesen übernehmen häufig Zahlungsdienstleister wie Klarna oder PayPal die Abwicklung und bieten entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten an.
Bisher lagen vor allem bei jüngeren Menschen Kleinkredite im Trend. In der Gruppe der 20- bis 24-Jährigen blieb die entsprechende Nachfrage auch stabil. Parallel setzt sich BNPL aber auch bei den mittleren Altersgruppen stärker durch: Bei den 35- bis 39-Jährigen, den 40- bis 44-Jährigen sowie den 45- bis 49-Jährigen schnellte die Zahl der laufenden Ratenkredite unter 1000 Euro jeweils um rund 30 Prozent nach oben.
Nicht nur Verbraucherschützer warnen indes regelmäßig vor dem verlockenden Ansatz: "Jetzt kaufen, später zahlen". "Immer wieder verlieren Betroffene die Übersicht, welche Rechnungen wann fällig werden", gibt etwa die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen zu bedenken. Zumal sich oft hinter dem Bezahlmodell ein kostenpflichtiger Kreditvertrag eines Drittanbieters verberge. Verbraucher könnten so "in eine Kostenspirale mit hohen Zinsen und Kosten geraten". Schlimmstenfalls drohe die Überschuldung. Vor allem junge Erwachsene ließen sich gerne zu ungeplantem Konsum auf Raten verführen. Posts in sozialen Medien wie TikTok hätten bereits Schlagzeilen gemacht, weil dort Heranwachsende stolz verkündeten, "wie viele Konsumschulden man bereits angehäuft habe".
Online-Shoppen auf Pump ist kein Spiel
"Dabei ist das kein Spiel", betont Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, die Folgen von Gamification. "Niemand sollte das unterschätzen. Die einfachen Bezahlmöglichkeiten verführen zu Spontankäufen. Dann fehlt das Geld an anderer Stelle."
BNPL könne "zur Konsum- und zur Schuldenfalle werden", weiß auch die AOK. Vor allem exzessives Online-Shoppen, das der Rest der Familie oft nicht mitbekomme, führe teils zur Kaufsucht. Das Bundesverbraucherministerium sieht die Online-Ratenfinanzierung ebenfalls als Risikofaktor für Überschuldung.
In einer Umfrage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) vom vorigen Jahr gaben 19 Prozent der hiesigen Internetnutzer an, dass sie wegen gestiegener Lebenshaltungskosten Kredite kaum tilgen können. Bei den 16- bis 29-Jährigen waren es sogar 31 Prozent. Die Schufa selbst verortet die meisten Personen mit "Zahlungsstörungen" in Bremen, die wenigsten in Bayern.
Die EU-Gesetzgeber haben derweil mit einer neuen Verbraucherkreditrichtlinie die Regeln verschärft. So ist künftig auch bei Kreditaufnahmen unter 200 Euro eine Bonitätsprüfung nötig. Damit wird hier erstmals BNPL erfasst. Die Richtlinie muss noch bis November 2025 in nationales Recht umgesetzt werden, was angesichts der Neuwahlen knapp werden könnte.
Der vzbv fordert dazu auf Basis eines Gutachtens: Im Rahmen der Bonitätsprüfung müssten Banken für alle Kreditarten das Einkommen und die regelmäßigen Ausgaben von Verbrauchern prüfen. Vor der Verarbeitung der Kontoinformationen sollte die kontoführende Bank aber zum Schutz von sensiblen Verbraucherinformationen die Daten in Kategorien zusammenfassen. Jede Kreditentscheidung müsse nachvollziehbar dargestellt werden.
(olb)