Chatkontrolle: Signal, Threema, WhatsApp und Co. gegen Online Safety Bill

In einem offenen Brief fordern die Messenger-Dienste Signal, Threema, WhatsApp und Co. eine Überarbeitung der Pläne der britischen Regierung zur Chatkontrolle.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 50 Kommentare lesen

(Bild: Serg001/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Anbieter der verschlüsselten Messenger-Dienste Element, Signal, WhatsApp, Threema, Viber und Co. haben einen Offenen Brief veröffentlicht, in dem sie sich gegen die Pläne der britischen Regierung stellen. Diese will die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung mit einem neuen Gesetz, der "Online Safety Bill", aushebeln. In dem Offenen Brief fordern die Verfasser die Regierung auf, "sich mit dem Thema Sicherheit zu befassen" und den Gesetzentwurf "dringend zu überdenkend und [...] zu überarbeiten". Die Einführung der Online Safety Bill sei nicht der richtige Weg.

Mit dem Gesetzentwurf, der keinen speziellen Schutz für die Verschlüsselung vorsehe, stelle sich die britische Regierung gegen das Menschenrecht auf Privatsphäre. In seiner aktuellen Fassung könne der Gesetzentwurf die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gefährden und damit der "routinemäßigen, allgemeinen und wahllosen Überwachung persönlicher Nachrichten von Freunden, Familienmitgliedern, Angestellten, Führungskräften, Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und sogar Politikern selbst Tür und Tor öffnen".

Die britische Regulierungsbehörde Ofcom werde den Verfassern des Briefs zufolge dazu ermächtigt, proaktiv die Durchsuchung privater Nachrichten auf Ende-zu-Ende-verschlüsselten Kommunikationsservern erzwingen – was die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung unnötig mache. Damit stelle der Gesetzentwurf eine "Bedrohung für die Privatsphäre, die Sicherheit und den Schutz aller Bürger des Vereinigten Königreichs und der Menschen, mit denen sie kommunizieren" da. Zudem würde das Gesetz weitere Regierungen zu ähnlichen Gesetzen ermutigen.

Eine der stärksten Verteidigungsmaßnahmen gegen böswillige Akteure und feindliche Staaten ist den Verfassern zufolge die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Demnach sind weltweit "Unternehmen, Privatpersonen und Regierungen ständigen Bedrohungen durch Online-Betrug, Scams und Datendiebstahl ausgesetzt". Das Überwachen von Nachrichten sei demzufolge ohne das Untergraben der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nicht möglich. Verschiedene Messenger-Dienste, Threema ausgenommen, hatten bereits angekündigt, das Land bei Inkrafttreten der Online Safety Bill zu verlassen.

Den Unterzeichnern zufolge könnten sie als globale Anbieter nicht die Sicherheit ihrer Dienste abschwächen, um einzelnen Regierungen entgegenzukommen. Demnach könne es auch kein "britisches Internet" geben oder eine speziell für England geltende Version der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Weiter beziehen sich die Verfasser des Briefs auch auf die Vereinten Nationen, die ebenfalls davor gewarnt haben, dass die Bemühungen rund um die Online Safety Bill "einen Paradigmenwechsel darstellen, der eine Reihe ernster Probleme mit potenziell schlimmen Folgen aufwirft". Während verschiedene Dienste bereits angekündigt hatten, England verlassen zu wollen, will Threema bleiben.

In Deutschland gibt es mit der Diskussion rund um Chatkontrolle aktuell eine ähnliche Debatte. Erst kürzlich hatte die Bundesregierung sich auf eine erste Stellungnahme zu den umstrittenen Plänen der EU-Kommission für eine Online-Überwachung inklusive einer anlasslosen Chatkontrolle geeinigt. Gegen das verdachtsunabhängige Durchleuchten unverschlüsselter Kommunikation hat sich die Bundesregierung bisher nicht ausgesprochen. Die EU-Kommission will zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch auch verschlüsselte Kommunikation scannen lassen.

(mack)