Oticon: Mit dem Hörgerät dem Internet der Dinge lauschen
Mit dem neuem Oticon Opn, der zugehörigen App, einem iPhone und den "Rezepten" von "If this then that" (IFTTT) kommunizieren Hörgeräte mit dem Internet der Dinge.
Für Hörgeschädigte will die dänische Firma Oticon das Internet der Dinge hörbar machen. Eine App, die mit dem neuen Hörgerät Oticon Opn verbunden ist, kann IFTTT-Rezepte ausführen, die Skripte für das Internet der Dinge vorhält: Wenn es klingelt, kann eine Stimme die Nachricht im Hörgerät sprechen, dass jemand an der Tür ist. Oder Hörgeschädigte bekommen skriptgesteuert die Nachricht eingesprochen, dass sie jetzt ein Medikament einnehmen müssen. GPS-basierte Informationen können wiederum genutzt werden, um automatisch auf vorprogrammierte Hörumgebungen wie "auf der Arbeit" umzuschalten.
Besser hören
Das Hörgerät Oticon Opn – der Name wurde für den US-Markt gewählt – soll nach Darstellung von Oticon im Unterschied zu anderen Hörgeräten auf mehrere Sprecher gleichzeitig fokussieren können. Es scannt wie ein Radar die Hörumgebung rundum 500 Mal in der Sekunde und merkt sich, wo gesprochen wird und woher die Nebengeräusche kommen. Der automatische Fokus auf einen Laut-Sprecher entfällt, was zu einem gesteuerten Brain-Hearing führen soll – Sprache und Geräusche sollen also wie bei normal Hörenden automatisch gedämpft oder "hervorgehorcht" werden.
Das Hörgerät mit 64 Frequenzkanälen und dem hauseigenen Velox-Prozessor arbeitet mit einer Technik, die Oticon Twinlink nennt. Dabei kommunizieren beim binauralen Hören die Hörgeräte mit Near Field Magnetic Induction (NFMI) und mit der Umwelt via Bluetooth Low Energy. Wer ein iPhone oder iPad nutzt, braucht dann keinen "Streamer" mehr, weil unter "allgemeine Bedienungshilfen" und "Hörgeräte" dann direkt der Hörgerätebetrieb aktiviert werden kann.
Rege Beteiligung der Träger
Wie alle modernen Hörgeräte kommt das Oticon Opn mit einer App, die weitere Möglichkeiten eröffnet, etwa das Suchen nach einem verlegten Hörgerät. Eine Besonderheit ist die Kommunikation mit der IFTTT-Plattform, auf der einfache IF-Then-Skripte bzw. Rezepte für das Internet der Dinge abgelegt sind. Wie Horst Warnke, Leiter der Audiologie bei Oticon zur Vorstellung dieser Dinge-Kommunikation im Haus erklärte, ist man überrascht, wie aktiv die Entwicklung solcher Rezepte von den Trägern des Hörgerätes selbst vorangetrieben wird. Die Erinnerungsfunktion zur Medikamenteneinnahme sei solch ein Beispiel vom "user generated content".
Warnke äußerte sich auch zur Zukunft der Hörgeräte, die im dänischen Eriksholm erforscht wird. Schon heute sind Hörgeräte die Geräte mit der leistungsmäßig höchsten Prozessorpower pro Volumen. Diese Rechenkraft soll mit weiterer Sensorik das Hören natürlicher machen. So arbeitet man an EEG-Sensoren in den Ohradaptern, weil mittels EEG herausgefunden werden kann, ob der Träger des Hörgeräts müde ist und eine andere Geräuschdämmung braucht. Denkbar ist auch die Vorwarnung per Sprachhinweis, wenn der Träger unter Epilepsie leidet oder schlaganfallgefährdet ist – Vorboten eines Anfalls können eine Stunde im Voraus im EEG erkannt werden.
Weitere Forschung erfolgt auch im Namen der zur Firmengruppe gehörenden Sennheiser Communications (einem Joint Venture mit der deutschen Sennheiser), die dieser Tage bei ihrem CinemaConnect genannten Inklusionsprojekt für Hörgeschädigte und Sehbehinderte die Unterstützung mehrsprachiger Filme realisiert hat.
[Update 07.10.2016 – 17:20 Uhr] Ursprünglich war im Artikel von EKG-Sensoren die Rede. Es handelt sich aber um EEG-Sensoren (Elektroenzephalogramm). Das wurde korrigiert. (mho)