PanamaPapers: 2,6 Terabyte gehackte Daten über Briefkastenfirmen und internationale Finanzströme

Deutschen Journalisten wurden Daten einer Anwaltskanzlei auf Panama angeboten, die Briefkastenfirmen betreut. Von einem Datenleck historischen Ausmaßes ist die Rede. Die Anwaltskanzlei sieht sich als Opfer eines Verbrechens; sie sei gehackt worden.

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PanamaPapers:

Ein Whistleblower hat der Süddeutschen Zeitung ein enorm großes Datenpaket mit geheimen Unterlagen zugespielt

(Bild: Süddeutsche Zeitung)

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2,6 Terabyte an Daten, darunter allein 4.804.618 Emails – insgesamt mehr als 11 Millionen Dokumente: Mit den "Panama-Leaks" oder auch den "Panama Papers" hat ein Whistleblower der Süddeutschen Zeitung vor mehr als einem Jahr eine enorme Menge an Daten angeboten. Aufgrund der enormen Datenmenge hatte sich die Süddeutsche Zeitung dazu entschlossen, mit dem International Consortium for Investigative Journalists (ICIJ) zusammenzuarbeiten.

Dadurch arbeiteten zuletzt rund 400 Journalisten weltweit mit dem großen Datenpaket und konnten so über Monate recherchieren, wie internationale Finanzströme über Briefkastenfirmen auf Panama gelenkt wurden. Das berichteten die Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR sowie Medien aus rund 80 Staaten am Sonntagabend.

Die Panama-Papers im Vergleich zu anderen "Leaks"

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Bei der Auswertung der vielen Mails und Datenbankformate zeigte sich, dass die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca in Panama rund 215.000 Briefkastenfirmen betreute. Zu den Profiteuren der Offshore-Dienste zählen den Berichten zufolge zwölf frühere und amtierende Staats- und Regierungschefs und 128 weitere Politiker, aber auch internationale Finanzinstitute, darunter deutsche Banken oder ihre Töchter. In den Unterlagen tauchten aber auch Namen von Spionen, Drogenhändlern und anderen Kriminellen auf. Zudem hätten zahlreiche Prominente und Sportstars Offshore-Firmen genutzt. Laut der Zeitung umfasse die Liste „Parteispenden-Affären“ am Ende 130 Namen, die UN-Sanktionsliste mehr als 600.

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Der Besitz einer Offshore-Firma ist für sich nicht illegal, so die Süddeutsche Zeitung. Es gäbe auch eine Reihe von Geschäften, für die es logisch erscheine, zu einer Offshore-Firma zu greifen. Aber sähe man sich in den Panama Papers um, stelle man sehr schnell fest, dass es in der überwältigen Zahl der Fälle vor allem um eines gehe – "die Verschleierung der wahren Inhaber der Firmen".

2,6 Terabyte an Daten – aus den Jahren 1977 bis heute

(Bild: Süddeutsche Zeitung)

Der Chef der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca, Ramón Fonseca Mora, bestätigte im Fernsehsender TVN, dass die Daten von der Kanzlei stammen und dort gestohlen wurden: "Wir wurden gehackt. Das ist ein Verbrechen." Sein Unternehmen helfe aber nicht bei Geldwäsche oder Steuerhinterziehung. Die Kanzlei gründe lediglich Firmen und verkaufe sie dann an Banken, Vermögensverwalter oder Anwälte. Eine Geschäftsbeziehung zu den Endkunden bestehe nicht.

Laut ARD umfassen die von rund 400 Journalisten über ein Jahr hinweg ausgewerteten Unterlagen E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente aus den Jahren 1977 bis heute. Der Enthüller des NSA-Skandals, Edward Snowden, schrieb auf Twitter: "Das größte Leck in der Geschichte des Daten-Journalismus ist gerade veröffentlicht worden, und es geht um Korruption."

Das Programm Nuix wurde für die Recherche eingesetzt. Laut Entwickler nehme Nuix "automatisch Informationsobjekte und stellt Querverweise her wie Namen, Firmen, Geldsummen, Emailadressen, IP Adressen so wie Telefon- und Kreditkartennummern".

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Um die große Menge an Daten effizient nutzen zu können, setzte die Süddeutsche Zeitung das Programm Nuix ein, "mit dem auch internationale Ermittlungsbehörden arbeiten", erklärte die Zeitung. Die rund 11 Millionen Dokumente wurden so weit wie möglich mittels Optical Character Recognition (OCR) erfasst. Auch das ICIJ beteiligte sich an dieser Arbeit. Nach der Erfassung der Daten konnten die Journalisten einen Großteil der Dokumente über eine einfache Suchmaske durchforsten.

Der Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung, Georg Mascolo, sagte am Abend in der ARD-Sendung "Anne Will", er gehe davon aus, dass die Sprengkraft des Datenlecks "ganz erheblich" sei. Er verwies darauf, dass "wir einen solchen Einblick in das Geschäft dieser Steueroasen bisher in diesem Umfang nicht gehabt haben". Zudem kündigte Mascolo weitere Veröffentlichungen an.

Nuix könne "Verbindungen quer durch mehrere Datenquellen und Untersuchungen aufzeigen".

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Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes FIFA bestätigte der Deutschen Presse-Agentur interne Vorermittlungen gegen ihr eigenes Mitglied Juan Pedro Damiani aus Uruguay. "Ja, der Bericht ist richtig. Ich kann bestätigen, dass wir eine sogenannte Voruntersuchung in die Wege geleitet haben", sagte der Sprecher der ermittelnden Kammer der Ethikkommission, Roman Geiser. Weitere Details nannte er nicht.

Die Regierung Panamas sagte ihre Kooperation bei der Aufklärung der Finanzgeschäfte zu. "Die panamaische Regierung verfolgt eine Null-Toleranz-Politik in allen Bereichen des Rechts-und Finanzwesens, wo nicht mit einem höchsten Maß an Transparenz gearbeitet wird", hieß es in einer Erklärung des Präsidialamts.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner twitterte: "Tagesschau veröffentlicht riesiges Datenleck zu Steueroasen, die eher Gerechtigkeitswüsten sind. Steuergerechtigkeit ist überfällig!" Der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold forderte mehr Transparenz. "Es ist eine Schande, dass wir im Kampf gegen die elendige Steuerflucht auf solche Datenlecks angewiesen sind", erklärte Giegold.(mit Material der dpa) / (kbe)