Parteienstreit über die Online-Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen

Die FDP sieht die gebührenfinanzierte ARD mit ihrer Digitalstrategie mehr und mehr in den Meinungsmarkt der Internetmedien einbrechen, während die Grünen die besondere Rolle von ARD und ZDF im Netz sichergestellt wissen wollen.

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Nicht nur bei Wirtschafts- und Medienverbänden hat die neue "Digitalstrategie" der ARD scharfe Reaktionen ausgelöst. Auch im Bundestag ist die geplante weitere Ausbreitung der öffentlich-rechtlichen Sendergruppe in die neuen Medienwelten auf ein geteiltes Echo gestoßen. "Die gebührenfinanzierte ARD bricht mehr und mehr in den bislang freien Meinungsmarkt journalistisch-redaktioneller Internetmedien ein", beklagt etwa Hans-Joachim Otto, Medienexperte der FDP-Bundestagsfraktion. Mit dem Anspruch, das Internet vollumfänglich für gebührenfinanzierte Angebote nutzen zu dürfen, entwickele sich das Erste zu einem "wettbewerbsverzerrenden öffentlich-rechtlichen Multimediakonzern". Dies sei mit dem Sinn des Grundgesetzes und der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht in Einklang zu bringen und einer freien und pluralistischen Presselandschaft abträglich.

"Öffentlich-rechtliche und gebührenfinanzierte Angebote darf es nur dort geben, wo durch Knappheit eine pluralistische Meinungsbildung behindert ist", betont Otto. Davon könne im Internet aber keine Rede sein. Vielmehr sei die Vielfalt qualitativ hochwertiger Online-Presseerzeugnisse unbestritten. Die ARD habe mit Angeboten wie "boulevard.ard.de", Fotogalerien über "skurrile Kreationen auf internationalen Laufstegen" oder der Partnerbörse "Liebesalarm" den Weg der verfassungsrechtlich vorgegebenen "Grundversorgung" dagegen längst verlassen. Der Liberale fordert die Intendanten der Landesrundfunkanstalten daher zum Einschreiten auf. "Es darf keine mit staatlicher Finanzgarantie agierende öffentlich-rechtliche Presse geben." Eine entsprechende Klarstellung müsse auch in der Umsetzung der Verpflichtungen Deutschlands gegenüber der EU-Kommission im Zusammenhang mit dem eingestellten Beihilfeverfahren im nächsten Rundfunkstaatsvertrag verankert werden.

Die Brüsseler Behörde hat Bund und Länder aufgefordert, die Finanzierung von ARD und ZDF auf ein Maß zu beschränken, das zur Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags erforderlich ist. Anders als die FDP zeigt sich die grüne Bundestagsfraktion in diesem Zusammenhang in einem aktuellen Antrag (PDF-Datei) besorgt, dass die beiden Sendergruppen im Netz zur Bedeutungslosigkeit verdammt werden. Sie will daher die "besondere Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach EU-Kompromiss sicher stellen".

Konkret soll die Bundesregierung nach Ansinnen der Grünen aufgefordert werden, "die besondere, verfassungsrechtlich garantierte Stellung" der Öffentlich-Rechtlichen zu verdeutlichen. Diese gehe über die Betrachtung als ein bloßes Wirtschaftsgut hinaus. Gegenüber den Bundesländern soll sich Berlin zudem unter anderem dafür einsetzen, dass bei der Konkretisierung des Auftrags von ARD und ZDF "auch neue und veränderte digitale Programmangebote nicht auf eine Minimalversorgung zurechtgestutzt werden". Der Grundversorgungsauftrag umfasse nämlich "mehr als eine Minimalversorgung". Eine inhaltliche Prüfung von Programmen der Öffentlich-Rechtlichen lehnen die Grünen zudem ab. Weiter drängen sie darauf, "dass die derzeitige Erhebung der Rundfunkgebühr durch ein zeitgemäßes, nicht mehr an Rundfunkgeräte gebundenes Gebührenmodell ersetzt wird". Einen Vorschlag für eine entsprechende "Mediengebühr" haben die Grünen bereits wiederholt ins Spiel gebracht.

Bei einer ersten kurzen Beratung des Antrags im Bundestagsausschuss für Kultur und Medien lobten viele Abgeordnete am Mittwoch die Grünen allgemein dafür, dass sie das Thema weiter forcieren. Inhaltlich klaffen die Vorstellungen der Fraktionen zur Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aber weit auseinander. Die SPD kündigte bereits an, dafür einen eigenen Antrag bis zum Herbst auszuarbeiten. Ebenfalls nach der parlamentarischen Sommerpause wollen die Ministerpräsidenten der Länder weiter über den 10. Rundfunkänderungs-Staatsvertrag und eine erneute Gebührenerhöhung beraten. Von einem Abrücken von der gerätebezogenen "GEZ-Gebühr" ist dabei nach dem langen Streit über die Abgabenpflichtigkeit vernetzter Computer aber derzeit nicht mehr die Rede. (Stefan Krempl) / (pmz)