Patentpolitik führt zu Streit um neuen Entwurf für die GPLv3

Hewlett-Packard gehen die Vorkehrungen gegen Softwarepatente in dem überarbeiten Vorschlag für die 3. Version der GNU General Public License zu weit, doch Gegner von Schutzansprüchen auf Computerprogramme stützen die Klauseln.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 175 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Hewlett-Packard gehen die Vorkehrungen gegen Softwarepatente in dem überarbeiten Vorschlag für die 3. Version der GNU General Public License (GPLv3) zu weit. Der IT-Konzern, der sich seit längerem mit gewerblichen Schutzrechten auf Computerprogramme arrangiert hat und diese als Normalfall des Wirtschaftslebens betrachtet, sieht mit dem zweiten Entwurf für die am häufigsten eingesetzte Lizenz bei freier und Open-Source-Software seine Möglichkeiten zur Klage gegen Wettbewerber aufgrund von Patentverletzungen sinken. "Stellen Sie sich vor, dass jemand eine Funktion in den Linux-Kernel einfügt, die eigentlich nicht Open Source werden soll", erläutert der HP-Patentanwalt Scott Peterson die Probleme aus seiner Perspektive. Allein die Weiterverbreitung würde darauf hinauslaufen, dass seine Firma die Monopolansprüche auf eine solche geschützte Zusatzfunktion nicht mehr durchsetzen könne.

Konkret stößt sich Hewlett-Packard an einer neu in den Entwurf aufgenommenen Klausel. Demnach dürften Programme unter der neuen GPL-Version nur zusammen mit einer Verpflichtung veröffentlicht werden, dass keine den Code betreffenden "essenziellen" Patentansprüche gegen Dritte geltend gemacht werden. HP will diese Verbindlichkeit eingeschränkt wissen auf eigenhändig eingebaute geschützte Programmteile. Sollte eine andere Firma oder ein anderer Entwickler Code mit Patentschutz in ein Programm eingeschleust haben, sollen die Klagemöglichkeiten wegen der Verletzung von Schutzrechten offen bleiben.

Falls die Free Software Foundation (FSF) als die "Mutter" der GPL die gewünschten Änderungen nicht vornimmt, droht HP damit, statt der neuen Version die alte GPLv2 einzusetzen und so einen Konkurrenzkampf zwischen den beiden Varianten zu entfesseln. Auch Linus Torvalds beäugt die GLPv3 nach wie vor kritisch aufgrund ihres angestrebten Ausschlusses von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM), obwohl die FSF in diesem Bereich zumindest ihre Rhetorik deutlich abgeschwächt hat. Der "Vater" des Linux-Kernels weigert sich weiter, seine Erfindung automatisch unter die neue GPL-Version zu stellen.

Keine Einwände hat HP andererseits gegen eine andere, leicht modifizierte Bestimmung rund um gewerbliche Schutzrechte. Ihr zufolge darf Anwendern die Nutzungserlaubnis für eigene Erweiterungen zu einem Programm entzogen werden, wenn diese mit Hilfe von Patenten Rechtsstreitigkeiten angezettelt haben. Generell lobt die bei HP für Linux und Open Source zuständige Managerin, Christine Martino, angesichts der großen Spannbreite der mit der GPL berührten Interessen zudem die FSF für ihre Arbeit: Die Organisation habe einen sehr offenen Reformprozess eingeleitet und eine breite Community mit einbezogen.

Dabei sind Spannungen sowie gegenteilige Meinungsäußerungen nicht auszuschließen. So hat Florian Müller, der Gründer der NoSoftwarePatents-Kampagne, die FSF aufgefordert, die patentbezogenen Regelungen in dem Entwurf für den GPLv3-Lizenztext nicht aufzuweichen. Der Softwarepatentgegner findet es gut, "wenn Firmen wie HP und in noch größerem Maße IBM dazu gezwungen werden, endlich Farbe zu bekennen". Laut Müller gebe es "einiges an Widersprüchlichkeit in den Strategien solcher Konzerne". Sie würden den Gedanken der freien Software immer dann unterstützen, "wenn es in der Vertriebs-, Marketing- oder PR-Arbeit gerade zu Pass kommt". Es sei den US-Computergrößen aber "unendlich wichtiger, über zehntausende Softwarepatente zu verfügen". Müller hofft, dass die GPLv3 "zu einem Lackmustest werden" könnte: Diejenigen, die wirklich freie Software und einen echten Wettbewerb im Softwaremarkt wollen, werden sie seiner Ansicht nach früher oder später unterstützen.

Zur GPLv3 siehe auch:

Zum Patentwesen sowie zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente und um die EU-Richtlinie zur Patentierbarkeit "computer-implementierter Erfindungen" siehe den Online-Artikel in "c't Hintergrund" (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online und zu den aktuellen Meldungen):

(Stefan Krempl) / (jk)