Patientenschützer fordern Transparenzportal für Arztpraxen, Ärzte wehren sich

Patientenschützer fordern nach dem Start des Klinik-Atlas im Mai auch ein Transparenzportal für Arztpraxen. Die Kassenärzte sehen darin Populismus.

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Leeres Sprechzimmer beim Arzt.

Eine Überprüfung der Anwesenheit kommt bei Ärzten nicht gut an.

(Bild: loreanto/Shutterstock.com)

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Die Stiftung Patientenschutz fordert von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach – als Pendant zu dem im Mai gestarteten Klinik-Atlas – einen Praxis-Atlas, der Informationen über die Qualität der Arztpraxen enthält. Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Mit einem angeschlossenen Bewertungsportal könne laut Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz, auch die Zufriedenheit der Patienten erfasst werden.

Die Patienten sollen sich laut RND dann im Detail über Anwesenheit, die Fehlerkultur, die Versorgungsqualität und das medizinische Angebot informieren können. "Das Bewertungsportal muss Teil des Praxis-Atlas sein. Wie beim Klinik-Atlas hat das Bundesgesundheitsministerium dafür die Verantwortung zu tragen. Zusätzlich zu Patientenbewertungen ist ein Qualitätsindex aufzunehmen, der beispielsweise vom Medizinischen Dienst überprüft werden sollte", erklärte Brysch gegenüber heise online. Ein wichtiger Faktor dabei sei, "dass Patienten wissen müssen, wann der Arzt anwesend ist oder nicht". Dazu sollten die Kassenärztlichen Vereinigungen die Präsenzzeiten ihrer Mitglieder überprüfen und darüber transparent kommunizieren.

Indes bezeichnen die Vorstände der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Bryschs Forderung als "Populismus in Reinform". Es sei erstaunlich, dass "nach dem Desaster bei der staatlichen Einführung eines Klinik-Atlasses, der massiv fehlerhaft ist und mehr Verunsicherung als Qualitätseinordnung schafft, jemand [...] allen Ernstes fordert, ein solches Instrument für die ambulante Versorgung einzuführen". Ebenfalls scharf kritisiert die KBV "anonyme Meldesysteme, in denen jeder ungeprüft irgendwelche Behauptungen und Verdächtigungen einstellen kann". Damit zeige sich aus Sicht der KBV, dass es nicht um Qualitätsverbesserung, sondern um reine Selbstdarstellung gehe. Zudem bemängelt die KBV, dass die Patientenvertreter nicht "den Schulterschluss mit uns suchen".

Ähnlich sieht das auch der Hausärzteverband. Dieser weist jedoch auch auf die Reformbedürftigkeit des Gesundheitssystems hin: "Schon heute sind etwa 5.000 Hausarztsitze unbesetzt, die Suche nach einem hausärztlichen Nachfolger wie auch Praxispersonal gestaltet sich vielerorts immer schwieriger. An diesem Ressourcenmangel wird ein Bewertungsportal rein gar nichts verbessern" teilt der Bundesvorsitzende des Verbands Dr. Markus Beier heise online mit. Ebenso würden weitere Herausforderungen, wie die chaotischen Strukturen des Gesundheitssystems, nicht adressiert.

"Umso erstaunlicher mutet es an, dass Herr Brysch sich im gleichen Atemzug gegen sinnvolle Maßnahmen, wie die Entbudgetierung oder die Stärkung einer hausärztlichen Patientensteuerung, ausspricht – also Maßnahmen, die die hausärztliche Arbeit stärken und die Patientenversorgung nachweislich besser machen könnten. Ein Bewertungsportal diesen umfassenden und wichtigen Reformen vorziehen zu wollen, ist, gelinde gesagt, grotesk", sagt Beier.

Anfang Mai ist der Klinik-Atlas gestartet. Daraufhin folgte unter anderem Kritik vonseiten der Kliniken, dass der Atlas nicht vertrauenswürdig und zu komplex für Laien sei. Es folgten mehrere Updates. Beispielsweise enthält der Klinik-Atlas nicht mehr "die für Fachleute aufgelegte Suche nach spezifischen Diagnosen und Prozeduren". Die Funktion wurde "aufgrund der Komplexität der Ergebnisse" gestrichen. Ebenso wurden die "Suchkriterien nutzerfreundlich umgestellt, indem eine Vorauswahl an Versorgungsanlässen bzw. Operationen getroffen wurde", heißt es auf Bundes-Klinik-Atlas.de.

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Zitat vom Hausärzteverband ergänzt.

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(mack)