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Pentagon-Chef wegen Geheimchat-AffÀre unter Druck

Signal-App auf einem Smartphone

(Bild: Primakov/Shutterstock.com)

Pete Hegseth teilte brisante Informationen ĂŒber Signal. Er sagt: "Ich weiß genau, was ich tue." Manche sind sich da nicht so sicher.

In der AffĂ€re um einen brisanten Geheimchat der US-Regierung gerĂ€t Verteidigungsminister Pete Hegseth zunehmend unter Druck. Nach der Veröffentlichung des gesamten Chatverlaufes rund um einen US-MilitĂ€rschlag gegen die Huthi-Miliz im Jemen wehrt sich der Pentagon-Chef vehement gegen den Vorwurf, er habe ĂŒber einen unsicheren Kanal geheime MilitĂ€rplĂ€ne offengelegt und damit auch US-Soldaten in Gefahr gebracht.

Hegseth argumentierte, er habe keine kritischen Informationen preisgegeben. US-PrÀsident Donald Trump verteidigte seinen Minister und behauptete schlicht, der habe mit der AffÀre gar nichts zu tun.

Der Hintergrund: Der Chefredakteur des US-Magazins "Atlantic", Jeffrey Goldberg, war – wohl aus Versehen – von Trumps Nationalem Sicherheitsberater, Mike Waltz, Mitte MĂ€rz in einen Gruppenchat ranghoher Regierungsmitglieder eingeladen worden. Dort wurde ein bevorstehender US-MilitĂ€rschlag gegen die Huthi-Miliz im Jemen erörtert. Der Journalist konnte die sensiblen Informationen in der kommerziell betriebenen App Signal live mitlesen und machte die Sicherheitspanne spĂ€ter mit einem Artikel publik.

Nachdem die Trump-Regierung alle VorwĂŒrfe in dem Fall zurĂŒckgewiesen und die IntegritĂ€t Goldbergs infrage gestellt hatte, legte das Magazin schließlich den gesamten Chatverlauf offen – inklusive Screenshots. Darin enthalten ist auch eine Passage, in der Hegseth sensible militĂ€rische Informationen teilte.

Demnach gab der Pentagon-Chef dort kurz vor dem MilitĂ€rschlag gegen Stellungen der Huthi-Miliz detaillierte Informationen zum Zeitplan, zur Abfolge der Bombardierungen sowie zu den eingesetzten Waffensystemen wie dem Kampfjet F-18 preis – noch dazu eben, wĂ€hrend ein Journalist alles mitlesen konnte. Das verursacht große Empörung und befeuert Sorgen um die nationale Sicherheit der USA. Normalerweise werden derart sensible Informationen nur in besonders geschĂŒtzten Regierungssystemen geteilt, nicht ĂŒber allgemein zugĂ€ngliche Apps wie Signal, die weitaus anfĂ€lliger sind fĂŒr mögliche Hacker- und Spionageangriffe.

Hegseth tat die neuen EnthĂŒllungen jedoch als belanglos ab und argumentierte, er habe keinerlei "KriegsplĂ€ne" verbreitet. Er habe in der Gruppe "keine Orte, keine Routen, keine Flugwege, keine Quellen, keine Methoden, keine geheimen Informationen" gepostet. Er habe lediglich das Regierungsteam in Echtzeit informiert und auf dem Laufenden gehalten. Das sei sein Job.

Trump kam ihm zu Hilfe. Auf die Frage eines Reporters, ob Hegseth einen RĂŒcktritt erwĂ€gen sollte, entgegnete der US-PrĂ€sident: "Hegseth macht großartige Arbeit. Er hat nichts damit zu tun. Das ist alles eine Hexenjagd." Trump wies den Vorwurf zurĂŒck, die AffĂ€re herunterzuspielen und gab zurĂŒck: "Die Medien bauschen es auf." Die Aktionen gegen die Huthi-Miliz seien "unglaublich erfolgreich" – darĂŒber sollten die Medien berichten, mahnte er.

Der PrÀsident versuchte auch, den Fehltritt seines Sicherheitsberaters Waltz, versehentlich einen Journalisten in den Gruppenchat zu holen, als technische Panne bei der App Signal darzustellen. "Es könnte ein Problem mit der Plattform geben", sagte Trump. "Wenn es ein Problem mit einer Plattform gibt, sollte niemand sie benutzen." Vielleicht sei Signal einfach "nicht sehr gut".

Demokraten und Sicherheitsexperten beklagen aber einen Tabubruch: Die Weitergabe derart konkreter Informationen zu einem unmittelbar bevorstehenden MilitĂ€rschlag ĂŒber einen Messenger-Dienst, der nicht den Sicherheitsstandards fĂŒr den Austausch vertraulicher Daten entspricht, habe das Leben beteiligter Soldaten gefĂ€hrdet, argumentieren sie. Auch ehemalige Soldaten Ă€ußerten in sozialen Medien Wut und UnverstĂ€ndnis.

Ob die Sicherheitspanne am Ende politische Konsequenzen haben wird, ist offen. Doch es ist zu erkennen, dass sich einige Mitglieder der Regierung bemĂŒhen, auf Distanz zum Verteidigungsminister zu gehen.

So mussten sich Geheimdienstkoordinatorin Tulsi Gabbard und CIA-Chef John Ratcliffe – beide auch Teil des Gruppenchats – bereits am zweiten Tag in Folge bei einer Anhörung im Kongress unbequemen Fragen der demokratischen Opposition stellen. Thema war dabei unter anderem, unter welchen Bedingungen Informationen als vertraulich gelten – und ob Hegseths Nachrichten diese Schwelle möglicherweise ĂŒberschritten haben.

Gabbard betonte, sie sei an dem nun veröffentlichten Teil der Kommunikation gar nicht beteiligt gewesen und verwies darauf, dass sie mit den Geheimhaltungsrichtlinien des Verteidigungsministeriums nicht im Detail vertraut sei. Ratcliffe wiederum hatte bereits am Vortag betont, dass er selbst keine vertraulichen Informationen geteilt habe. Er ließ dabei jedoch offen, ob dies auch auf andere Mitglieder der Chatgruppe zutreffe.

Außenminister Marco Rubio bezeichnete die versehentliche Aufnahme eines Journalisten in die Chatgruppe als "großen Fehler". HierfĂŒr trĂ€gt Trumps Sicherheitsberater Waltz die Verantwortung – und nicht Hegseth. Auf die Frage, ob im Chatverlauf tatsĂ€chlich geheime Informationen preisgegeben worden seien, verwies aber auch Rubio auf das Pentagon.

Hegseth, der als Verteidigungsminister fĂŒr die schlagkrĂ€ftigste Streitmacht der Welt fĂŒr ein Budget von rund 800 Milliarden Dollar sowie zentrale RĂŒstungsprojekte und sicherheitspolitische Entscheidungen verantwortlich ist, zĂ€hlte von Beginn an zu den umstrittensten Personalien in Trumps Kabinett. Bekannt wurde er in den USA als Moderator beim Trump-nahen Sender Fox News. Politische Erfahrung brachte er nahezu keine mit.

Nach seiner Nominierung fĂŒr den Posten waren Berichte aufgekommen ĂŒber mutmaßliche rassistische und sexistische Äußerungen, Alkoholmissbrauch sowie sexuelle Übergriffe – VorwĂŒrfe, die er bestreitet. Im US-Senat gab es auch aus den Reihen der Republikaner Vorbehalte gegen ihn. Seine BestĂ€tigung ging in der Parlamentskammer nur ganz knapp durch.

Hegseth bemĂŒhte sich nun, neue Zweifel an seiner Eignung fĂŒr das gewichtige Amt zu zerstreuen. Auf Nachfragen zu der AffĂ€re reagierte er wĂ€hrend eines Trips fast patzig und sagte: "Ich weiß genau, was ich tue."

(emw [1])


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