Per iPad zum Schulabschluss

In der Tablet-Klasse der Waldschule Hatten lernen die Schüler auf Apple-Geräten. Papier hat fast ausgedient.

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Kinder am iPad

(Bild: dpa, Britta Pedersen/Archiv- und Symbolbild)

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  • dpa

Der Gong zum Stundenbeginn ertönt, wie selbstverständlich greifen die Schüler zu ihren iPads statt zu Block und Stift: In der Tablet-Klasse der Waldschule Hatten im Landkreis Oldenburg lernen die Jungen und Mädchen mobil – nicht in einzelnen Stunden, sondern im gesamten Schulalltag, über alle Fächer hinweg. Papiere oder Hefter sind in dieser zehnten Klasse kaum noch zu finden. "Ich habe meinen Papierverbrauch in den vergangenen Jahren um 90 Prozent reduziert, außer bei Klassenarbeiten verteile ich kein Papier mehr", erklärt Andreas Hofmann, Realschullehrer der Waldschule und medienpädagogischer Berater des Landes Niedersachsen.

Mit der Einführung der ersten Tablet-Klasse 2012 war Hofmann Pionier des mobilen Lernens in Niedersachsen. "Die Tablets sind ein Hilfsmedium, das je nach Affinität und Ausbildungsstand der Kollegen zum Einsatz kommt. Es dient zum Präsentieren, zum Lesen, aber taugt auch für komplexe Dinge wie das Drehen, Schneiden und Nachvertonen von Videos", erklärt der Pädagoge. Auch andere Schulen in der Region erkannten die Vorteile und zogen nach: Weitere Tablet-Klassen gibt es beispielsweise in Oldenburg und Nordenham.

Finanziert werden die Computer derzeit noch komplett von den Eltern der Schüler. Für finanziell schwache Familien springen ein Hilfsfonds oder Sponsoren ein. "Keiner bleibt draußen aus finanziellen Gründen", verspricht Hofmann, dessen Projekt mehrere Monate von der Technischen Universität (TU) Dortmund wissenschaftlich begleitet wurde.

Den Schülern hat das Projekt von Anfang an gefallen. "Es macht großen Spaß, so zu arbeiten", sagt die 16-jährige Jacqueline, die seit zwei Jahren jeden Tag mit ihrem iPad arbeitet. Vor allem das Drehen von Videos im Englischunterricht begeistert die Schülerin. Für ihre Generation ist der Umgang mit Internet, Smartphone und auch Tablet-PC ohnehin selbstverständlich. "Die Schule als Ort des digitalen Fastens passt überhaupt nicht mit der Lebenswirklichkeit der Schüler zusammen", meint Hofmann.

Auch wenn sich in Niedersachsen einiges tut, hinken deutsche Schulen im internationalen Vergleich hinterher. "Wir sind in der Entwicklung meilenweit entfernt von anderen Ländern in Europa, zum Beispiel England oder den Niederlanden", sagt Professor Andreas Breiter, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Informationsmanagement an der Uni Bremen. In Deutschland werde darüber diskutiert, ob es überhaupt sinnvoll sei, Computer im Unterricht einzusetzen, während das an anderen Schulen in Europa längst gelebter Alltag sei. Bisher sei die Einführung von Tablets im Unterricht eine punktuelle Entwicklung, die mit engagierten Lehrern stehe und falle. Die flächendeckende Einführung an deutschen Schulen liege in weiter Ferne.

Dabei mangelt es nach Einschätzung des Forschers nicht allein an Geld, um die Schulen technisch auszustatten. Der Einsatz neuer Medien im Unterricht sei unter Pädagogen nach wie vor heiß umstritten, und für die Qualifizierung von Lehrkräften fehlten die Strukturen. "Die jungen Lehrer, die heute von den Unis kommen, können zwar gut mit den digitalen Medien umgehen, haben aber nur nebenbei gelernt, wie diese im Unterricht eingesetzt werden können", erklärt Breiter. (bsc)