Pläne für zweites ICANN-Hauptquartier außerhalb der USA

Der Präsident der privaten Netzwerwaltung präsentierte in Los Angeles noch vage Überlegungen, ob der operative Betrieb der ICANN von einem zweiten Standort außerhalb der Vereinigten Staaten profitieren könne.

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Von
  • Monika Ermert

Der Präsident und CEO der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), Paul Twomey, präsentierte beim Treffen der privaten Netzverwaltung in Los Angeles Pläne für ein zweites Hauptquartier außerhalb der Vereinigten Staaten. Das von Twomey selbst zusammengerufene "Strategiekomitee des Präsidenten" arbeite an entsprechenden Plänen, sagte Twomey zum Abschluss des öffentlichen ICANN Forums.

Das Beratergremium, in dem verschiedene ehemalige ICANN-Direktoren, aber auch internationale Diplomaten sitzen, gehe davon aus, "dass ICANN seinen Hauptsitz und sein operatives Geschäft in den Vereinigten Staaten beibehalten wird, völlig unabhängig von möglichen Änderungen seiner Unternehmensstruktur", erklärte Twomey. Allerdings untersuche das Komitee die Frage, ob der operative Betrieb und die Wahrnehmung von ICANN nicht von einem "zweiten oder parallelen" Standort profitieren würden.

Das Komitee habe dazu erst einmal die für eine weitere Niederlassung notwendigen Kriterien formuliert, sagte Twomey. So dürfte ICANNs Status als nicht-gewinnorientierte Organisation nicht gefährdet werden, arbeitsrechtliche Bestimmungen und die allgemeinen Arbeitsbedingungen dürften nicht beeinträchtigt werden. Zudem sei es wichtig, dass ICANN den bestehenden Rechenschaftspflichten nachkommen könnte. Welche Länder für einen vollwertigen zweiten Stammsitz im Gespräch seien, sagte der ICANN-Chef noch nicht. Eine abschließenden Plan stellte Twomey für das ICANN-Treffen in Paris im kommenden Jahr in Aussicht.

Twomey räumte bei der Vorstellung der Überlegungen selbst ein, dass das Vorhaben noch sehr vorsichtig formuliert sei. Trotzdem habe er diese spezielle Idee im Vorfeld des zweiten Internet Governance Forum (IGF) allen Interessengruppen zu Gehör bringen wollen. Mit Blick auf das IGF wolle er auch noch einmal jedem Missverständnis vorbeugen, dass ICANN eine Art Regierungsorganisation sei. ICANN sei und bleibe eine nicht-gewinnorientierte, internationale Organisation. Schon einmal hatt ICANN mit der Schaffung regionaler Büros Kritik an seiner US-Lastigkeit besänftigt. Um das Büro in Brüssel ist es allerdings sehr ruhig geworden.

Twomeys Hinweis auf das IGF macht deutlich, dass der ICANN-Präsident damit neuer Kritik von Seiten US-kritischer Regierungen den Wind aus den Segeln nehmen will. Twomey hat im Verlauf der Konferenz mehrfach auf die von der US-Regierung angekündigte internationale ICANN-Anhörung hingewiesen und die ICANN-Gemeinde aufgefordert, sich zu Wort zu melden, wenn man an der privatwirtschaftlichen Verwaltung der Netzadressen interessiert sei. Vorerst aber bleibt die US-Aufsicht eine Tatsache; eine erneute Debatte darüber hätten die USA gerne vermieden. Gegen den Willen der Amerikaner wurde allerdings das Thema der kritischen Internetressourcen auf die Agenda der IGF gesetzt. Die ICANN verwaltet einen wesentlichen Teil dieser Ressourcen: Namen und Nummern. (Monika Ermert) / (vbr)