Polizei: Innenministerien lehnen Überwachungssystem der US-Firma Palantir ab

Hessen, Bayern und NRW drängten auf die Einführung von Palantirs Big-Data-Software bei der Polizei in allen Bundesländern. Andere Innenministerien winken ab.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 13 Kommentare lesen
Datenfirma Palantir

Mehrere Innenministerien lehnen Verträge mit Palantir ab.

(Bild: dpa, Andrej Sokolow/dpa)

Lesezeit: 2 Min.

Ein Antrag von Hessen, Bayern und Nordrhein-Westfalen auf der Innenministerkonferenz (IMK) Mitte Juni, bei Polizeibehörden bundesweit Analyse-Software des umstrittenen US-Unternehmens Palantir einzusetzen, ist gescheitert. Dies berichtet der Bayerische Rundfunk (BR) unter Verweis auf ihm vorliegende interne Unterlagen aus Kreisen der IMK. Die Innenminister der drei Länder wollten demnach die „verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“ (VeRA) der Bayerischen Polizei ihren Kollegen endlich schmackhaft machen. Vor allem Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein sollen aber nicht mitziehen.

Mehr zu Data Science / Datenanalyse:

VeRA basiert – wie die Lösung HessenData und das immer kostspieliger werdende System zur datenbankübergreifenden Analyse und Auswertung (DAR) der Polizei Nordrhein-Westfalen – auf der Big-Data-Software Gotham von Palantir. Das bayerische Landeskriminalamt schloss 2022 einen Rahmenvertrag mit dem als „Schlüsselfirma der Überwachungsindustrie“ verschrienen Unternehmen ab, den alle Länder und der Bund ohne erneute Ausschreibung abrufen können. Das Besondere an VeRA ist, dass es externe, teils unstrukturierte Daten etwa aus sozialen Medien in großen Mengen einbeziehen und einen Abgleich ermöglichen können soll.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte Mitte Februar den Einsatz automatisierter Datenanalysen durch die Polizei in Hessen und Hamburg in bisheriger Form für verfassungswidrig. Prinzipiell gilt das etwa auch für HessenData. Dieses Urteil hat die Politik aufhorchen lassen. Mehrere CDU-geführte Innenministerien erklärten auf BR-Anfrage, dass für sie ein Vertrag mit Palantir derzeit nicht infrage komme. Die SPD-geführten Innenministerien der Länder rücken sogar geschlossen von dem Unternehmen – und damit auch von VeRA – ab.

Die Bundesregierung äußerte sich bislang nur vage zu VeRA, versuchte sich aber verstärkt davon abzugrenzen. Wenige Tage nach der IMK verschickte das Bundesinnenministerium dem Bericht zufolge inzwischen eine deutliche Palantir-Absage an Bund und Länder. Die Leitung des Hauses von Nancy Faeser (SPD) hat demnach entschieden, für VeRA „keine seitens des Bundes betriebene Plattform einzurichten“. Dabei sei das Projekt offenbar schon weit fortgeschritten gewesen. Ziel sei nun eine „herstellerunabhängige Anwendungsbereitstellung“.

Bund und Länder werkeln schon seit 2007 am Polizeilichen Informations- und Analyseverbund (PIAV) und seit 2017 am IT-Großprojekt Polizei 2020, um vor allem die bestehenden Datensilos von Strafverfolgungsbehörden nebst verschiedener Schnittstellen zusammenzuführen. Offenbar sollen in diesem Rahmen nun verstärkt Alternativen zu Palantir-Systemen entwickelt werden.

(wre)