Portabler Venen-Checker: KI soll bei Früherkennung von Thrombosen helfen

18 Partner aus der EU und den USA wollen im Projekt ThrombUS+ ein KI-gestütztes tragbares Diagnosegerät entwickeln, um riskante Gerinnsel in Venen zu erkennen.

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Modernes, futuristisches Krankenhauszimmer mit verschiedenen Medizingeräten, beispielsweise einem Bildschirm, auf dem Vitaldaten wie Sauerstoffsättigung und die Herzfrequenz zu sehen sind.

(Bild: Whyframe/Shutterstock.com)

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Tiefe Venenthrombosen (TVT) stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Oft sind nur Schweregefühle Kribbeln oder Ziehen im Unterschenkel, Beinschwellungen oder ein Hitzegefühl Anzeichen für ein solches Gerinnsel, bei dem oft langwierige gesundheitliche Probleme in den betroffenen Venen oder sogar lebensgefährliche Komplikationen wie eine Lungenembolie drohen. Bis zu zwei Drittel der TVT-Fälle weist sogar keine Symptome auf. Diese Lücke will ein internationales Expertenteam mit dem Forschungsprojekt ThrombUS+ schließen. Dabei helfen soll ein tragbares Diagnosegerät, das mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) Patienten überwacht und Blutgerinnsel frühzeitig erkennt.

Durch den Einsatz des geplanten intelligenten medizinischen Wearables sollen Ärzte entlastet und Prävention sowie Diagnose verbessert werden. Das Projekt ist im Januar gestartet und wird für dreieinhalb Jahre mit 9,5 Millionen Euro über das EU-Forschungsrahmenprogramm Horizont Europa gefördert. Beteiligt sind 18 Partner aus der EU und den USA, die Leitung liegt beim griechischen Athena Research Center. Aus Deutschland sind der Elektrotechnik-Verband VDE, das Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme (IPMS) und die auf medizinische Messtechnik spezialisierte Firma Medis am Start.

Die Bedeutung der Früherkennung ist den Machern zufolge statistisch belegt. Bei etwa der Hälfte der TVT-Betroffenen wandert ihnen zufolge das folgenschwere Gerinnsel, das den normalen Blutfluss vor allem in den Venen der unteren Gliedmaßen beeinträchtigt, in die Lunge und verstopft dort ein Gefäß. In Ausnahmefällen gelangt ein solcher Thrombus – etwa durch ein angeborenes Loch im Herzen – bis ins Gehirn, wo er einen Schlaganfall auslösen kann. Weltweit sind Lungenembolien die dritthäufigste kardiovaskuläre Todesursache nach Gehirnschlag und Herzinfarkt.

Das Konsortium von ThrombUS+ will mit der portablen Diagnosetechnik gegensteuern. Künftig soll sie eine benutzerfreundliche, bedienerfreie und kontinuierliche Echtzeitüberwachung für Patienten mit hohem TVT-Risiko ermöglichen. Der Ansatz vereine "KI-gesteuerte Erkennungsmechanismen, basierend auf Ultraschalltechnik, Impedanzplethysmographie (Messung des elektrischen Wechselstromwiderstands) und Lichtreflexionsrheographie", also eine Datenerfassung mithilfe von Infrarotlicht, erläutert der VDE. Begleitet werde die technische Entwicklung von klinischen Studien, um die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Medizinproduktes zu gewährleisten.

Anwendung finden soll das neue Verfahren insbesondere bei Patienten in der postoperativen Phase in Krankenstationen, während langanhaltender chirurgischer Eingriffe, bei Krebspatienten, bettlägerigen Personen zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen sowie Frauen während und nach der Schwangerschaft. Das Team will nach eigenen Angaben "rechtliche, regulatorische und sicherheitstechnische Anforderungen an komplexe Medizinprodukte so früh wie möglich in den Entwicklungsprozess" einbeziehen, um Erkenntnisse möglichst rasch praxisreif zu machen. So ist etwa eine ständige Beobachtung des einschlägigen Stands der Technik und dazu angemeldeter Patentansprüche laut ersten veröffentlichten Projektberichten vorgesehen.

Auch einen Plan fürs Datenmanagement haben die Beteiligten bereits publiziert. Darin machen sie Angaben darüber, welche Datensätze das Konsortium in welcher Form erfassen, generieren und aufbewahren wird. Dazu kommen bewährte Praxisbeispiele rund um Metadaten und Archivierung. Diese sollen sicherstellen, dass die erfassten oder generierten Datensätze im Einklang mit den von Horizont Europa vorgeschriebenen Prinzipien für eine offene Wissenschaft ("Open Science") auffindbar, zugänglich, interoperabel und wiederverwendbar sind. Der Datenplan werde regelmäßig aktualisiert, versprechen die Partner. Aufbauend auf den gesammelten klinischen, technischen und regulatorischen Erfahrungen wollen sie letztlich auch "die Chancen für den Marktzugang zukünftiger komplexer KI-basierter Medizinprodukte nachhaltig" verbessern.

(bme)