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Programmreform: Wie die ARD mehr jüngere Leute erreichen will

(Bild: Everton Eifert/Shutterstock.com)

Die ARD schiebt eine große Programmreform an. Es gibt neue Formate. ARD-alpha soll zu einem multimedialen Bildungs- und Wissensangebot weiterentwickelt werden.

Die ARD schiebt im nächsten Jahr eine Programmreform an. Für TV-Zuschauer bedeutet das an einigen Stellen nach und nach ein neues Programmschema im Ersten. Und Nutzer der ARD Mediathek sollen mehr Inhalte präsentiert bekommen – stärker auf Zielgruppen ausgerichtet und diverser im Inhalt. Die Programmreform, die schrittweise 2022 umgesetzt werden soll, hat das Ziel, dass sich wieder mehr jüngere Leute, die sich häufig im Netz bewegen, durch das Angebot der öffentlich-rechtlichen Sender angesprochen fühlen.

Einige Details aus der Reform, auf die sich die Intendantinnen und Intendanten der ARD-Häuser am Freitag einigten:
Dokus und fiktionale Serien in der Mediathek: Es soll monatlich exklusive Premieren von Doku-Serien auf der Plattform geben. Es sollen zudem regelmäßig Dokus aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Ausland, Geschichte, Religion, Kultur und Sport gezielt für die Mediathek und ein jüngeres Publikum eingetaktet werden. Jährlich kommen zudem 25 Premieren von eigenproduzierten und internationalen fiktionalen Serien hinzu. Serien sind seit Jahren weltweit auf Streaming-Plattformen stark nachgefragt.

Comedian Carolin Kebekus wird neben ihren bisherigen Shows im Programm mit einem Angebot in der ARD Mediathek präsent sein. Und mit Tahnee ist eine neue Personality-Show in Planung. Auch andere Sender, etwa der Spartensender ZDFneo setzen zurzeit verstärkt auf Comedy-Formate. Einen Erfolg mit deutscher Comedy fuhr in diesem Jahr auch die internationale Streaming-Plattform Amazon Prime Video ein mit dem Format "Last One Laughing" mit Bully Herbig.

Sandra Maischberger wird im Ersten an zwei Tagen zu sehen sein: dienstags und mittwochs. Das bisherige Talkformat "maischberger. die woche" fällt weg, dafür wird es ein neues, "vertiefendes Gesprächsformat" geben. ARD-Programmdirektorin Christine Strobl sagte, dass es zu "gewissen Überschneidungen" am Dienstag mit dem ZDF-Talk von Markus Lanz kommen kann. Sie betonte zugleich, dass die beiden Talks sich nicht ähneln sollen.

Montagabend um 22.50 Uhr im Ersten soll ein neues Wissensformat gezeigt werden. Das Format "Weltspiegel" wiederum bleibt auf seinem bisherigen Sendetag Sonntag. In den Debatten zur Programmreform hatte es im Netz die Befürchtung und auch Unmut gegeben, falls das Format von Sonntag auf Montag im Programmschema abwandern sollte.

Den Montag will die ARD [1] als neuen "Informationstag" etablieren. Auf dem Sendeplatz 20.15 Uhr sollen neben dem Naturfilm hochwertige Dokumentationen und Reportagen aus den Bereichen Politik, Kultur, Wirtschaft, Religion, Geschichte und Sport zu sehen sein. Dann folgen "hart aber fair", die "Tagesthemen" und das neue Wissensformat sowie filmische Dokus aus der Themenwelt des "Weltspiegel". Die bisherigen Doku-Reihen und das Format "ARD Story" sollen weiterentwickelt und multimedial erweitert werden.

Am Freitagabend um 21.45 Uhr wird es eine neue Comedy-Sendung im Ersten geben. Das ZDF ist am Freitagabend mit seinen Formaten "heute-show" und der anschließenden Satire-Sendung von Jan Böhmermann erfolgreich. Die Sendungen fangen aber später an als das geplante Format im Ersten. Auf dem Sendeplatz für die Comedy-Sendung im Ersten soll es zudem auch eine neue Reportage-Reihe geben. Die Formate teilen sich praktisch den Sendeplatz auf.

Das Polit-Format wird sonntags von derzeit rund 25 auf 30 Minuten verlängert und startet um 18.00 Uhr. So soll die Berichterstattung aus der Hauptstadt und dem Ausland ausgeweitet werden. Die ARD will damit einen journalistischen Schwerpunkt setzen. Dazu folgt dann nach "Bericht aus Berlin" der "Weltspiegel" auf dem neuen Sendeplatz um 18.30 Uhr und die Sendezeit wird dazu auf 45 Minuten verlängert (bisher rund 40 Minuten, Sendeplatz 19.20 Uhr). 2. Bundesliga: Davon soll mehr am Sonntag im Ersten zu sehen sein – direkt vor der "Tagesschau". Es soll auch um Topspiele aus internationalen Fußball-Ligen gehen.

Die ARD prüft den Ausbau ihres Bildungskanals ARD-alpha zu einem multimedialen Wissens- und Bildungsportal. Es bestehe ein großes Interesse daran, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Angebote zu Bildung, Wissen und Wissenschaft über alle Kanäle besser präsentiere und bündele, sagte die Intendantin des Bayerischen Rundfunks, Katja Wildermuth, in einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) (Samstag).

"ARD-alpha könnte zu einem zentralen Netzwerk entsprechender ARD-Inhalte in den Anstalten sowie in Verbindung mit renommierten Partnern aus dem Bildungs- und Wissenschaftsbereich entwickelt werden", sagte Wildermuth. "So könnte sich nach unseren Überlegungen ARD-alpha zu einem multimedialen Bildungs- und Wissensangebot weiterentwickeln." Der TV-Bildungskanal ARD-alpha war Ende der 1990er Jahre unter Führung des BR zunächst als BR-alpha gestartet.

Als erster konkreter Schritt sei geplant, zum Weltraumflug des deutschen Astronauten Matthias Maurer am 30. Oktober [2] neben einem Special im linearen Programm auch einen Online-Schwerpunkt zu setzen. Im November werde es zur ARD-Sendung "Wissen vor acht – Erde" im Vorabendprogramm des Ersten ein vertiefendes Angebot im Netz auf ardalpha.de geben.

Wildermuth sprach sich zugleich für eine noch engere Kooperation der ARD-Anstalten in Verwaltung und IT aus, um Kosten zu sparen. "Wir können und wollen auf den regionalen Fußabdruck nicht verzichten, aber alles, was sich im Backoffice und in der Technik abspielt, kann noch enger zusammenrücken", sagte sie der FAZ. Allerdings gebe es weiterhin kartellrechtliche und steuerrechtliche Beschränkungen, die eine noch engere Kooperation erschwerten.

Beim Aufbau einer ARD-Kulturplattform schloss Wildermuth nicht mehr aus, dass sich der BR doch noch beteiligt. Ihr Vorgänger Ulrich Wilhelm hatte dies wegen Bedenken einer Verquickung mit der Debatte um den Rundfunkbeitrag abgelehnt.

In den nächsten Monaten soll das Konzept Wildermuth zufolge den ARD-Intendanten präsentiert werden. Es sei richtig, ähnlich wie bei ARD-alpha auch die Kulturinhalte der ARD auf diese Weise zu bündeln. "Ich bin auf das Konzept gespannt. Das Kulturportal wird sicher kommen, ob der BR dabei sein wird, wird man dann sehen." Die Plattform soll im Sendegebiet des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) angesiedelt werden. Wildermuth war erst Anfang des Jahres vom MDR als neue Intendantin zum BR gewechselt.

(bme [3])


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