RIPE will besser mit Regierungen kommunizieren

Eine neue Schnittstelle zwischen IP-Adressen-Selbstverwaltung und Regierungen soll einerseits RIPE-Kräfte bündeln und andererseits Regierungsdruck verteilen.

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Von
  • Monika Ermert

Die Réseaux IP Européen (RIPE) etabliert eine neue Schnittstelle zu Behörden und Regierungsvertretern. Beim Treffen 56. Treffen des RIPE, das gestern in Berlin zu Ende ging, beschloss das RIPE-Plenum die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zu "Governmental Relations" innerhalb des kommenden Monats. Das Statut der Arbeitsgruppe soll bis dahin nach einer öffentlichen Diskussionsphase verabschiedet worden sein. Vorsitzende sind eine Vertreterin der schwedischen Regierung und der von der britischen Wirtschaftsministerium zur .uk-Domainregistratur Nominet übergewechselte Martin Boyle. RIPE sowie in der praktischen Arbeit RIPE Network Coordination Centre (RIPE NCC) sind für die Zuteilung von Internet-Adressen für Europa und den Nahen Osten zuständig.

Der Entscheidung vorangegangen war eine längere Diskussion darüber, ob ein noch ausstehender Bericht (PDF-Datei) einer Task Force zum Thema "verbesserte Zusammenarbeit" mit Regierungen abgewartet werden solle. Der RIPE-Vorsitzende Rob Blokzijl mahnte angesichts des bevorstehenden OECD-Treffens zur Eile. Fahad AlShirawi von Service Provider Connect2 warnte davor, Regierungen könnten sich aufgerufen fühlen, selbst über Konzepte nachzudenken.

AlShirawi, zusammen mit Andreas Wittkemper von Verizon Deutschland in Berlin erstmals in das fünfköpfige Executive Board des RIPE NCC gewählt, kennt die Vorbehalte arabischer Regierungen gegen die Selbstverwaltungsorganisationen im Internet aus erster Hand. Wenn man sich das Heft nicht aus der Hand nehmen lassen wolle, brauche man dringend die Arbeitsgruppe, lautete am Ende der Konsens.

Zentrales Problem aus der Sicht des RIPE NCC ist die wachsende Zahl der Anfragen von Seiten der Regierungen und Behörden der RIPE Region, sagte Paul Rendek, Head of External Relations and Communications des RIPE NCC. Insbesondere seit den Debatten beim Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS) sehen sich die verschiedenen Selbstverwaltungsorganisationen im Netz der Forderung nach einer "verbesserten Zusammenarbeit" von Regierungsseite ausgesetzt. Den Begriff der "verbesserten Zusammenarbeit", einer politischen Kompromissformel der Regierungen im Streit um Hoheitsfragen in der Netzverwaltung, lehnt man beim RIPE und den anderen Regionalen Internet Registries (RIR) allerdings ab.

Paul Wilson, Direktor von APNIC, RIPEs asiatischer Schwesterorganisation, und aktuell Vorsitzender des RIR-Dachverbands Number Ressource Organisation (NRO), berichtete von einer Aufforderung der Vereinten Nationen an die Selbstverwalter, doch bitte Jahresberichte der IP-Adressverwaltungen abzuliefern. "Wir haben uns niemals dazu verpflichtet, solche Jahresberichte zu liefern," sagte Wilson. Man habe aber auf einen ohnehin bereits veröffentlichten Bericht zur "fortgesetzten Zusammenarbeit" der verschiedenen Interessengruppen hingewiesen.

Mit der Einrichtung der Arbeitsgruppe für Regierungszusammenarbeit beim RIPE sorgt man einerseits dafür, dass die Beantwortung von Anfragen nicht von der eigentlichen Selbstverwaltung abgekoppelt wird, sagen die Experten. Andererseits biete man einen speziellen Ansprechpartner für Regierungen. Die Arbeit der IP-Adressverwaltungen ist politischer geworden. Mit der neuen "Beratungsfunktion" kämen ganz neue Aufgaben auf das RIPE zu, sagte Rendek gegenüber heise online. Die bereits eigens für Regierungen geschaffenen, jährlichen runden Tische des RIPE NCC erfreuen sich großer Beliebtheit. Zu den normalen RIPE-Treffen erscheinen dagegen in der Regel nur wenige Regierungsvertreter. In Berlin nahmen allerdings verschiedene Vertreter des Innenministeriums teil, die sich demnächst mit IPv6-Adressen eindecken wollen. (Monika Ermert) / (it)