ROG: Verschärfte Internet-Zensur in Iran und China

Anlässlich des Welttags gegen Internet-Zensur hat Reporter ohne Grenzen wieder die "Feinde des Internets" benannt. Während der Iran und China die Internet-Überwachung weiter deutlich verstärkt haben, sind Bahrain und Weißrussland neu hinzugekommen.

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Von
  • dpa

Der Iran und China haben die Internet-Überwachung laut dem Bericht "Feinde des Internets" (PDF-Datei) der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) im vergangenen Jahr deutlich verstärkt. Das kommunistische Regime in Peking übe massiven Druck auf private Online-Firmen aus, damit diese bei der Zensur helfen. Der Iran wolle ein "nationales Internet" einrichten, das vom Rest der Welt abgeschottet ist. Stark verschlechtert habe sich die Lage in Syrien, berichtete die Organisation am Montag anlässlich des Welttags gegen Internet-Zensur.

In dem aktuellen Bericht bezeichnet Reporter ohne Grenzen (ROG) zwölf Länder als "Feinde des Internets", weil sie Online-Inhalte stark filtern, den Netz-Zugang beschränken, "Cyber-Dissidenten" verfolgen und Propaganda verbreiten. Neu auf dieser Liste sind der Golfstaat Bahrain und Weißrussland. Angesichts der Demonstrationen habe Bahrain im vergangenen Jahr mit repressiven Maßnahmen einen Nachrichten-Blackout eingeleitet. In Weißrussland habe das Regime von Präsident Lukaschenko den Griff auf das Internet angesichts der wachsenden politischen Isolierung und des wirtschaftlichen Stillstands weiter verstärkt.

Feinde des Internet (schwarz) und Länder unter Beobachtung (rot).

(Bild: ROG)

In Syrien, das bereits 2011 zu den Feinden des Internets gezählt wurde, sei das Regime von Präsident Baschar al-Assad nicht nur auf den Straßen brutal gegen die Opposition vorgegangen. Es habe auch das Internet rigoros zensiert, um die Verbreitung von Nachrichten zu unterdrücken. Dabei sei es vom Iran unterstützt worden.

Als weitere "Feinde des Internets" benennt die Organisation Birma, Kuba, Nordkorea, Saudi-Arabien, Turkmenistan, Usbekistan und Vietnam. Am hoffnungsvollsten blickt Reporter ohne Grenzen dabei nach Birma, wo Journalisten sowie Blogger freigelassen wurden und die Blockade von Nachrichtenseiten beendet wurde. Die Gesetze und die Technik zur Internetüberwachung müssten jedoch noch abgeschafft werden.

14 Länder stehen bei Reporter ohne Grenzen "unter Beobachtung", darunter erneut Frankreich und Australien, unter anderem weil sie Inhalte im Netz filtern oder die Einführung eines Filtersystems planen. In Ägypten halte das neue Regime an den alten Praktiken fest und attackiere Blogger. Auch Russland, dass eine richtige Online-Debatte verhindere und Südkorea, das mit repressiven Gesetzen auf die Propaganda des nördlichen Nachbarn reagiere, finden sich hier. Die Türkei werde wegen verschiedener Pläne zur Kontrolle des Internets beobachtet. Trotz der Machtwechsel nach den Volksaufständen im vergangenen Jahr bleiben Ägypten und Tunesien "unter Beobachtung".

Neu hinzugekommen zu dieser zweiten Liste sind Indien und Kasachstan. Indien habe seit den Bombenanschlägen von Mumbai die Internetüberwachung intensiviert, obwohl Zensurvorwürfe öffentlich zurückgewiesen würden. Die Sicherheitspolitik des Landes untergrabe die freie Meinungsäußerung im Netz und die Privatsphäre der Internetnutzer. Kasachstan dagegen habe sich durch eine Protestwelle 2011 veranlasst gesehen, die Kontrolle vor allem des Internets zu verstärken.

Verbesserungen hat Reporter ohne Grenzen dagegen in Venezuela und Libyen festgestellt, weswegen diese Länder nicht mehr "unter Beobachtung" stünden. In Libyen sei nach dem Sturz von Muammar al-Gaddafi eine "Ära der Zensur" zu Ende gegangen und der Zugang zum Internet in Venezuela weiterhin ungehindert möglich.

Immer häufiger werden Blogger und Online-Journalisten nach Angaben der Organisation wegen ihrer Aktivitäten unter Druck gesetzt. Mindestens 199 seien im vergangenen Jahr festgenommen worden, rund 30 Prozent mehr als 2010. Derzeit seien weltweit 120 Blogger und Online-Aktivisten in Haft, vor allem in China, Vietnam und im Iran. Am Montagabend will die Organisation in Paris einen Blogger oder Online-Journalisten für sein Engagement für Meinungsfreiheit im Internet auszeichnen. (mho)