Rabiate Wissenschaftsfeinde

In Australien werden Klimaforscher mit Morddrohungen überzogen, wann immer sie ihre Arbeiten in der Öffentlichkeit präsentieren

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Dass sogenannte Skeptiker, das heißt, jene Menschen und Interessengruppen, die sich mit aller Macht gegen die Einsichten der Klimawissenschaften versperren, oft mangels Argumenten zu persönlichen Angriffen und Beleidigungen greifen, ist nichts Neues. In Australien wird aber nun eine neue Qualität der Auseinandersetzung erreicht. Dort erhalten Wissenschaftler, die sich mit den verschiedensten Aspekten des Klimasystems beschäftigen, inzwischen Morddrohungen.

Der australische Sender ABC zitiert David Koroly von der Universität von Melbourne: "Es ist klar, dass es eine Kampagne gibt, die mit abgestimmten oder nichtabgestimmten Drohungen Forscher einschüchtern soll, damit sie nicht die beste zur Verfügung stehende Wissenschaft im Radio oder im Fernsehen vorstellen." Er selbst erhalte regelmäßig nach Interviews Drohungen.

Die Australische National-Universität ( ANU) berichtet laut ABC ebenfalls von Morddrohungen per Email und Telefon. Offensichtlich nimmt man diese so ernst, dass die Wissenschaftler in einfacher zu sichernden Gebäuden untergebracht wurden. ANU Vizekanzler Ian Young spricht davon, dass seine Mitarbeiter bereits seit sechs Monaten in großer Zahl Drohungen erhalten und massiv belästigt werden. In den letzten Wochen habe sich die Kampagne aber noch einmal verschärft.

Die Sprecherin der Australian Scientific and Technological Societies, Anna-Maria Arabia, fordert die Politiker des Landes auf, die Desinformationskampagnen zu stoppen. "Wir haben gesehen, wie Mitglieder des Oberhauses Wissenschaftler mit Nazis verglichen, und wir haben erlebt, dass unabhängige Parlamentarier Morddrohungen erhielten, weil sie sich an einer demokratischen Debatte beteiligen wollten." Das sei vollkommen unakzeptables Verhalten.

Unterdessen hat eine im Auftrag der Regierung in Canberra erstellte Untersuchung ergeben, dass bis zum Ende des Jahrhunderts 274.000 Wohnhäuser und 8.000 Geschäftsgebäude sowie 35.000 Kilometer Straßen und Eisenbahnlinien dem ansteigenden Meeresspiegel zum Opfern fallen könnten. Dabei wurde als Worst-case-Szenario ein Anstieg von 1,1 Metern binnen 90 Jahren angenommen. Der unmittelbare Schaden würde 226 Milliarden Australischer Dollar betragen. Zugleich warnt der Bericht laut ABC, dass Häufigkeit und Ausmaße von Naturkatastrophen, die das Land derzeit jährlich eine Milliarde Dollar kosten, zunehmen werden.

Mag sein, dass diese Botschaft einige dazu animiert, den Überbringer der schlechten Nachrichten lynchen zu wollen. Mit Sicherheit spielt aber auch die Angst der mächtigen Kohleindustrie des Landes eine Rolle, Steuern auf Kohlendioxidausstoß oder Emissionshandelssysteme könnten ihre Pfründe schmälern.