Razzien und Anklage: Kryptotelefon-Anbieter Sky Global ist vom Netz

Der verschlüsselte Smartphone-Dienst Sky ECC ist offline, nachdem BlackBerry den Grundservice dafür einstellte. Die Website haben die Behörden beschlagnahmt.

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(Bild: Den Rise/Shutterstock.com)

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Der kanadische Provider Sky Global musste seinen verschlüsselten Kommunikationsdienst Sky ECC einstellen, nachdem ihm der Smartphone-Hersteller und Serviceanbieter BlackBerry mehr oder weniger den Hahn abgedreht hat. Dies berichtet das US-Portal Motherboard unter Verweis auf Bildschirmfotos von internen Nachrichten, die Sky-Global-Chef Jean-Francois Eap an Distributionspartner geschickt haben soll. BlackBerry versorgt Sky demnach nicht mehr mit dem grundlegenden Geschäftskundenservice, auf dem ECC aufbaute.

"Wir werden die Dienste in 2 Stunden herunterfahren, damit Sie alternative Kommunikationsmöglichkeiten finden", zitiert das Magazin aus den ihm zugespielten Botschaften. "Leider hat BlackBerry unsere UEM-Dienste abgeschaltet", bezog sich Eap demnach auf den "Unified Endpoint Management"-Dienst des ebenfalls in Kanada sitzenden bisherigen Ausrüsters. Mit dem BlackBerry-Service können Nutzer aus dem Business-to-Business-Bereich eigene Mobilfunkangebote verwalten, indem sie etwa Updates oder Apps auf die von ihnen vermarkteten Smartphones spielen.

Bislang habe nicht die Gefahr bestanden, dass Kommunikation entschlüsselt worden sei, soll Eap an die Vertriebspartner geschrieben haben. Künftig garantiere man aber für nichts, wenn Dritte die volle Kontrolle über den UEM übernähmen und "kompromittierte Apps auf das Gerät pushen". Man sehe sich gezwungen, "den Dienst als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme" abzuschalten.

Europäischen Strafverfolgungsbehörden gelang es nach eigenen Angaben bereits, Sky ECC zu hacken. Seit Mitte Februar hätten die Ermittler den Nachrichtenaustausch von rund 70.000 Nutzern von Sky ECC überwachen können, verkündete Europol vorige Woche. Bei ersten Razzien, die auf den gewonnenen Erkenntnissen beruhten, verhafteten Ordnungshüter demnach fast 50 Personen und führten zahlreiche Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen in Belgien und den Niederlanden durch.

Sky Global hielt dagegen, dass eine gefälschte, als Sky ECC vermarktete Phishing-Anwendung auf unsichere Geräte aufgespielt worden sei. Ähnlich wie der im vorigen Jahr geknackte Provider Encrochat bot das Unternehmen bisher spezielle Smartphones und zugehörige Dienste an, bei denen Funktionen wie Kameras, Mikrofone und GPS deaktiviert sind. Ausgetauschte Nachrichten werden verschlüsselt und nach 30 Sekunden automatisch gelöscht. Mit einem "Panik-Passwort" lassen sich sämtliche Inhalte von einem solchen Gerät entfernen.

Die Websites von Sky Global und ECC haben Strafverfolgungsbehörden aus den USA und Kanada derweil beschlagnahmt. Sie präsentieren darauf nun einen entsprechenden Hinweis mit Angabe eines laufenden Gerichtsverfahrens in Südkalifornien und ihre Abzeichen. Das US-amerikanische Justizministerium hatte Sky Global zuvor wegen der wissentlichen und absichtlichen Beteiligung am Import und Vertrieb von Drogen angeklagt. Eap wittert dahinter einen gezielten Angriff, "weil wir Werkzeuge zum Schutz des Grundrechts auf Privatsphäre bauen". Die Anschuldigungen, "ich und unser Unternehmen seien in kriminelle Aktivitäten verwickelt", seien unbegründet und falsch.

(bme)