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Red Hat kontert: Wer nur kopiert, darf nicht profitieren

Moritz Förster

(Bild: iX)

Ein falsches VerstĂ€ndnis von Open Source und Dritte, die nur von der eigenen Arbeit profitieren – Red Hat bietet der Kritik an den geschlossenen Quellen Paroli.

Jetzt verteidigt sich Red Hat doch: Zu der Kritik an den PlĂ€nen, die öffentlich verfĂŒgbaren Quellen unter git.centos.org nicht lĂ€nger frei zugĂ€nglich machen, wollte sich das Unternehmen zunĂ€chst nicht Ă€ußern. Jetzt widerspricht es entschieden den Anschuldigungen, dass der Schritt dem Open-Source-Grundsatz widerspreche – geht jedoch nicht namentlich auf AlmaLinux oder Rocky Linux ein, die als RHEL-Nachbauten am meisten unter der Entscheidung zu leiden hĂ€tten.

Worum genau geht es bei der Auseinandersetzung? Lange offerierte Red Hat neben der Linux-Distribution fĂŒr Unternehmen RHEL und dem eher fĂŒr Anwender gedachten Fedora auch CentOS. Hierbei handelte es sich um einen RHEL-Klon, fĂŒr den Nutzer keine Lizenzen erwerben mussten – jedoch auch keinen Support durch Red Hat erhielten. Viele Firmen und Institutionen setzten CentOS ein. Allerdings Ă€nderte Red Hat 2021 das Modell seiner Linux-Distributionen: Das klassische CentOS verschwand und als freie Alternative erblickte CentOS Stream das Licht der Welt. Jedoch handelte es sich hierbei nicht mehr um eine Downstream-Version von RHEL – vielmehr testen die Entwickler in der neuen Variante kommende Pakete und Funktionen fĂŒr die Distribution mit zahlenden Kunden.

Schon dieser Schritt fĂŒhrte zu einiger Kritik an Red Hat; in Folge starteten Projekte wie AlmaLinux oder Rocky Linux, die als Nachfolger des klassischen CentOS eine BinĂ€rkompatibilitĂ€t mit RHEL versprachen. Wie konnten das diese Entwickler garantieren? Unter git.centos.org pflegte Red Hat weiterhin und öffentlich die Quellen seiner Distribution – ohne sie jedoch fĂŒr sein hauseigenes CentOS Stream zu benötigen. Auf Basis dieser Quellen konnten allerdings Drittanbieter ihre Arbeit erfolgreich aufnehmen.

In seinem Blog-Beitrag [1] betont Mike McGrath, VizeprĂ€sident fĂŒrs Core Platforms Engineering bei Red Hat, dass das Unternehmen keinerlei Verpflichtung habe, diese Quellen weiterhin zu pflegen – und diese Verpflichtungen bezieht er explizit auch auf Open-Source-Lizenzen und -Produkte. Red Hat wĂŒrde seinen Code stets Upstream zur VerfĂŒgung stellen. Und an diesem Code, an den Paketen und Patches wĂŒrden die eigenen Entwickler hart arbeiten. Auch der Support mĂŒsse der Anbieter schultern. Und von all dem wĂŒrde die gesamte Community profitieren.

Was er jedoch nicht als Teil des Open-Source-Gedankens ansieht, sind Dritte, die diese Arbeit lediglich im Downstream mit einem neuen Namen versehen und anschließend neu verpackt von ihr profitieren. Ob Mike McGrath hier auf AlmaLinux oder Rocky Linux abzielt, ist nicht klar – denn Namen nennt er keine. Weiterhin betont er, dass frĂŒher andere Projekte auf Basis der CentOS-Quellen eigene Arbeit geleistet hĂ€tten, von der am Ende auch RHEL einen Nutzen gezogen habe. Und deshalb habe Red Hat git.centos.org weiter betrieben – und nicht, weil es im Open-Source-Sinne verpflichtend gewesen wĂ€re.

Doch laut Mike McGrath wĂŒrde RHEL mittlerweile nicht mehr davon profitieren. Und auch die Annahme, dass aus Nutzern der Klone hĂ€ufig zahlende Kunden fĂŒr Red Hat wĂŒrden, sei nicht korrekt. Daher habe man die Entscheidung getroffen, die Quellen nicht mehr frei zur VerfĂŒgung zu stellen – und Red Hat sei frei in dieser Entscheidung, wĂ€hrend der Kritik an ihr schlicht ein falsches VerstĂ€ndnis von Open Source und der GPL-Lizenz zugrunde liege. RHEL sei weiterhin nicht Closed Source, denn dessen Basis fĂŒr Releases CentOS Stream stehe fĂŒr jedermann frei zur VerfĂŒgung. Ferner stelle der Anbieter RHEL-Lizenzen fĂŒr Entwickler und Open-Source-Projekte kostenlos bereit.

Unternehmen sollen jedoch fĂŒr die Arbeit von Red Hat die LizenzgebĂŒhren entrichten – denn auf diese bezogen, meint Mike McGrath, dass die Kritik auch von denen kĂ€me, die schlicht nicht zahlen wollten. Und er schließt mit der Prophezeiung: Wenn jeder schlicht den Code nehmen und ohne eigene Änderungen und Innovationen neu verpackt verkaufen könne, wĂ€re das bald das Ende von Open-Source-Firmen und schließlich nur noch die DomĂ€ne von Hobbyisten und Hackern.

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(fo [3])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-9200488

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.redhat.com/en/blog/red-hats-commitment-open-source-response-gitcentosorg-changes
[2] https://www.heise.de/ix
[3] mailto:fo@heise.de