Regierungsprogramm "Informationsgesellschaft 2006"

Staatssekretär Alfred Tacke hat auf dem D21-Kongress die Grundzüge des Programms "Informationsgesellschaft 2006" vorgestellt; parallel wurde der Deutsche Internet-Preis verliehen.

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Von
  • Torsten Kleinz

Mit weniger Prominenz, aber mehr Inhalt als erwartet konnte der Jahreskongress der Initiative D21 heute aufwarten. Zwar kam Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement nicht persönlich zur Verleihung des Deutschen Internetpreises nach Köln. Dafür hat Staatssekretär Alfred Tacke die Grundzüge des ambitionierten Programms "Informationsgesellschaft 2006" vorgestellt, das die Bundesregierung bis Anfang Dezember verabschieden will: Mehr Deutsche sollen ins Internet und die Verbreitung der digitalen Signatur soll für neue Impulse in der Wirtschaft sorgen.

Auf dem Kongress zeichneten Vertreter aus Politik und Wirtschaft ein optimistisches Bild der Entwicklung der Internetwirtschaft in Deutschland. Der D21-Vorstandsvorsitzende Erwin Staudt freute sich besonders über die Ergebnisse einer Umfrage seines Vereins, wonach heute bereits über 50 Prozent der Deutschen online sind. Damit sei ein wesentlicher Teil der angepeilten Zielgruppe im Internet vertreten. Nicht genug für die Bundesregierung: Wie Staatssekretär Tacke ausführte, ist bis 2010 eine Marke von 75 Prozent der Bevölkerung anvisiert. Zu dem Zeitpunkt soll es 18 Millionen Breitband-Anschlüsse in deutschen Wohnungen geben.

Auch digitale Signaturen spielen in dem Regierungsprogramm eine gewichtige Rolle. Über eine eCard-Initiative sollen die Grundlagen geschaffen werden. Bereits Anfang kommenden Jahres steht ein Gesetzentwurf für die so genannte "Jobkarte" an, die an 40 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland ausgegeben werden soll. 2004 soll parallel die Bankkarte mit Signatur eingeführt werden. Bis 2006 kommen nochmal 70 Millionen eCards an die Krankenversicherten hinzu. Alle diese Karten werden mit einer qualifizierten digitalen Signatur versehen sein. Der digitale Personalausweis soll bis 2008 folgen.

Die Regierung will der Wirtschaft mit positivem Beispiel vorangehen. Mit dem Projekt "Bund online" werden nach den Plänen bereits 2005 sämtliche internetfähigen Dienstleistungen der Bundesbehörden digital angeboten werden. Auch die Ausschreibungen der öffentlichen Hand sollen in Zukunft komplett über das Internet laufen. Die Ministerien rechnen mit einem Einsparpotential von bis zu 25 Milliarden Euro pro Jahr. Wann es so weit sein wird, steht allerdings noch nicht fest. Tacke verband die Ankündigungen mit einer Mahnung an die Kommunen und Bundesländer, die nach seiner Ansicht noch im Rückstand sind: "Es sind Mittel vorhanden, man muss nur die Prioritäten richtig setzen."

Auch in den Punkten Ausbildung und Gleichberechtigung kündigte Tacke Maßnahmen an. Heute sind nur 14 Prozent der deutschen Informatikstudenten weiblich -- in der Türkei ist der Anteil drei Mal so hoch. Die Regierung will den Frauenanteil hier auf 40 Prozent steigern. Gezielt gefördert werden sollen auch kleine und mittelständische Unternehmen: nur 10 Prozent nutzten das Internet bis heute in vollem Ausmaß.

Ein erster Schritt zu diesem Ziel bildete die Verleihung des Deutschen Internet-Preises. Der stand in diesem Jahr unter dem Motto "Internet im Mittelstand". 737 Mittelständler bemühten sich um den mit 50.000 Euro dotierten Preis -- ein neuer Teilnehmerrekord. In der Kategorie "Mobile Anwendungen im Mittelstand" gewann die Karlsruher YellowMap AG mit ihrem Branchendienst. In der Disziplin "Internetbasierte Dienste und Inhalte für den Mittelstand" gewann die 24translate GmbH aus Hamburg, die Übersetzungsdienste über das Netz anbietet und auf ein Netz von 900 Übersetzern in der ganzen Welt zurückgreift. In der dritten Kategorie "Integration des Internet in mittelständische Geschäftsabläufe" gewann die Hannoveraner Delticom-AG, die über das Internet Autoreifen verkauft.

In der Vergangenheit hatte die Initiative D21 häufiger Online-Wahlen gefordert. Nun will der Verein selbst mit positivem Beispiel vorangehen. Nach Darstellung des Vorstandsvorsitzenden ist D21 der erste deutsche Verein, der legal seine Vorstandswahlen online abhalten kann. Dies soll noch in diesem Jahr geschehen. Doch der Weg dahin war steinig. Noch im vergangenen Jahr hatte das Amtsgericht Charlottenburg eine solche Wahl verboten. Erst nach langwierigen Satzungsänderungen ist der Weg frei. Staudt zeigt sich durch diese Erfahrung geläutert "In Zukunft werde ich bei dem Thema bescheidener auftreten." (Torsten Kleinz) / (anw)