Reinforcement Learning: Disney schafft "lebendig" wirkenden Roboter

Roboter sollen in Filmen Emotionen transportieren und wecken. Disney-Forscher haben aus Basis von verstärkendem Lernen ein universelles System dafür entwickelt.

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(Bild: Walt Disney Imagineering)

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Ein Team der in Zürich angesiedelten Entwicklerschmiede Disney Research hat einen zweibeinigen Roboter entwickelt, dessen Bewegungen "lebendiger" wirken als bei anderen Robotern und damit mehr menschliche Emotionen anspricht. Die Bewegungen sind auf Grundlage von Animationen entstanden, die dem Roboter durch verstärkendes Lernen (Reinforcement Learning) beigebracht wurden.

Der Roboter selbst hat keinen Namen. Er ähnelt jedoch stark dem BD-1-Roboter, der 2019 erstmals in dem Videospiel "Star Wars Jedi: Fallen Order", das von Respawn Entertainment entwickelt wurde, auftauchte. Der Roboter besitzt einen kleinen gedrungenen Körper mit zwei kurzen Stummelbeinen und einen flachen Kopf mit zwei LED-Augen, an dem sich zwei bewegliche Antennen befinden. Arme hat der Roboter nicht.

Was den Roboter so besonders macht, sind seine Bewegungen, die ihn "lebendiger" wirken lassen als viele herkömmliche Roboter, die sich eher abgehackt und emotionslos bewegen. Das Team von Disney Research zeigte den Roboter am Mittwoch auf der IEEE/RSJ International Conference on Intelligent Robots and Systems (IROS) 2023 in Detroit. Nach Angaben der Ingenieure habe bei der Entwicklung nicht der Roboter selbst im Vordergrund gestanden, sondern die Entwicklung eines Systems, das es ermöglicht, einem Roboter ausdrucksstarke Bewegungen zu verleihen. Um solche Roboter in Filmen besser verwenden zu können, müssen sie eine Vielzahl an Emotionen transportieren können. Schließlich wirken ausschließlich animierte Roboter in Filmen und Serien oft unecht.

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Disney Research hat den Roboter unter der Leitung von Moritz Bächer innerhalb eines Jahres entwickelt und gebaut. Die Ingenieure griffen dabei auf modulare Hardware und Aktuatoren zurück, um so die Entwicklungszeit möglichst kurzzuhalten. Der Roboter kommt weitgehend aus dem 3D-Drucker. Der Kopf kann in vier Freiheitsgraden bewegt werden, sodass der Roboter nach oben und unten schauen, sich umschauen und seinen Kopf seitlich neigen kann. Die Beine verfügen über fünf Freiheitsgrade und bewegliche Hüftgelenke. Der Roboter kann damit nicht nur dynamisch laufen, sondern ist etwa auch in der Lage zu balancieren.

"Die meisten Robotiker konzentrieren sich darauf, ihre zweibeinigen Roboter zuverlässig laufen zu lassen", sagt Disney-Forscher Morgan Pope, der bei der Präsentation des Roboters auf der IROS-Bühne half. "Bei Disney reicht das vielleicht nicht aus – unsere Roboter müssen vielleicht stolzieren, tänzeln, schleichen, traben oder sich schlängeln, um die Emotionen zu vermitteln, die wir von ihnen erwarten."

Um das zu erreichen, hat das Forschungsteam eine auf Reinforcement Learning aufsetzende Pipeline entwickelt, die sich auf Simulationen stützt. Die Vorstellungen der Disney-Animatoren werden mit den Bewegungen, die der Roboter ausführen kann, so gut wie möglich umgesetzt. Dadurch kann der entsprechend trainierte Roboter ausdrucksstarke Bewegungen ausführen. Das System stelle dabei sicher, dass der Roboter nicht nur weiß, wie er sich in der realen Welt verhalten soll, sondern auch, wie er das macht, ohne dass seine Emotionalität verloren geht. Grenzen setzt hier lediglich die Hardware. Nach Angaben der Disney-Ingenieure könne ein neues Verhalten mit einem herkömmlichen PC innerhalb von wenigen Stunden antrainiert werden. Wie Bächer ausführt, hat Disney die Entwicklungszeit einer neuen Roboterfigur damit von Jahren auf Monate verkürzt.

Die Idee, die dahintersteckt, ist eine Plattform zu haben, die unabhängig von der Hardware funktioniert. "Wenn wir also weitere Beine oder Arme hinzufügen oder eine völlig neue Figur mit einer völlig anderen Morphologie schaffen wollen, können wir ihr schnell neue Verhaltensweisen beibringen. Die handelsüblichen Aktuatoren, die 3D-gedruckten Komponenten, unser anpassungsfähiges Verstärkungs-Lernsystem – all das kann auf Roboter angewandt werden, die sich in ihrem Aussehen und ihren Bewegungen stark unterscheiden", sagt Bächer.

Die Technik will Disney künftig weiterentwickeln und verfeinern, um so neue physische Roboterfiguren zu erschaffen.

(olb)