Reisen ins All beschleunigen Knochenschwund

Schwerelosigkeit beschleunigt Knochenschwund enorm. Tägliches Training verhindert das leider nicht. 6 Monate schwächen das Skelett wie 20 Jahre auf der Erde.

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International Space Station

International Space Station

(Bild: NASA)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frank Schräer

Kanadische Wissenschaftler haben die Knochenstrukturen von Astronauten vor und nach ihrem mehrmonatigem Aufenthalt auf der internationalen Raumstation ISS untersucht. Selbst tägliches Training auf der ISS hat den Knochenschwund in der Schwerelosigkeit nicht aufgehalten. Ein sechsmonatiger Aufenthalt im All resultierte in einem Knochenabbau, wie er auf der Erde 20 Jahre dauern würde. Ein 40 Jahre alter Astronaut kommt von seiner 6-Monats-Mission also mit einem rund 60 Jahre alten Skelett zurück.

Die Knochenstudie der Universität von Calgary in Kanada stützt sich auf Untersuchungen von 17 Astronauten vor und nach ihren durchschnittlich 170 Tage dauernden ISS-Missionen. Die Knochen der Arme und Beine wurden per Computer-Tomografie hinsichtlich Mikroarchitektur, Dichte und Stärke vermessen, um die Auswirkungen längeren Aufenthalts bei Schwerelosigkeit auf die Knochen herauszufinden. Das ist der im British Journal of Sports Medicine veröffentlichten Studie zu entnehmen ist.

Dass die Knochen unter Schwerelosigkeit schwinden, ist schon lange bekannt. Vor über zehn Jahren wurde bereits festgestellt, dass der Knochenschwund bei Astronauten stärker als bislang angenommen ist. Die neue Studie nutzt eine weiter entwickelte Computer-Tomografie mit hochauflösenden 3D-Bildern, die Knochen auf einer Skala feiner als menschliches Haar messen kann. Darüber hinaus wurden Blut- und Urinproben im All entnommen und das Training der Astronauten aufgezeichnet.

Die 14 männlichen und drei weiblichen an der Studie beteiligten Astronauten der NASA, der ESA und aus Kanada waren im Durchschnitt fast 47 Jahre alt und hielten sich dreieinhalb bis sieben Monate im Orbit auf. Die Astronauten haben sich fit gehalten mit täglichem Training zur Stärkung von Herz und Kreislauf sowie der Muskulatur und Knochen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Astronauten, die vor dem Weltraumflug stark trainiert hatten, ihren Trainingsumfang während des Fluges reduzierten. Das führte zu größerem Knochenschwund in den Beinen bei geringer Änderung der Armknochen. Astronauten, die das Krafttraining während der Mission erhöhten, konnten ihre Knochenstärke dagegen besser schützen. Es sei deshalb wichtig, bei jedem Astronauten die individuellen Trainingsgewohnheiten zu berücksichtigen und das Training während der Mission in der Schwerelosigkeit möglichst zu erhöhen oder zu ändern.

Grundsätzlich erhöht sich der Knochenschwund im Laufe der Mission und stabilisiert sich auch in den ersten sieben Monaten des Aufenthalts in der Schwerelosigkeit nicht. Langzeitauswirkungen des Knochenverlusts aus dem All sind noch unbekannt. Es gibt wenig Forschung darüber, ob Knochenverlust reversibel ist.

Nach Angaben Steven Boyds, Professor der Universität von Calgary, müssen zukünftige Forschungen untersuchen, ob sich Knochen erholen können und ob die Veränderungen in der Knochenmikroarchitektur dauerhaft sind. In kommenden Studien wird untersucht, was nach einem Jahr Raumfahrt passiert und ob sich der Knochenverlust im Orbit stabilisiert.

(fds)