Report: In Zukunft kleine Entwicklerteams mit hochproduktiven Senior-Developern
An ihren Commits sollt ihr sie erkennen: GitClear wertet Daten aus über 850.000 Entwicklerjahren aus und bewertet den Einfluss von KI auf die Produktivität.
- Robert Lippert
Ein neuer Report der Developer-Analysten von GitClear wirft einen Blick auf die Produktivität von Software-Entwicklerinnen und -Entwicklern. Er deutet an, dass Unternehmen ihren Developern künftig mehr abverlangen könnten und – auch Dank der Unterstützung von künstlicher Intelligenz (KI) – sich von kleineren Teamgrößen mehr versprechen.
Für seine Analyse der Entwicklerproduktivität werfen die jetzt von GitClear vorgestellten Git Commit Count Percentile Stats einen Blick auf die Anzahl der Commits pro Jahr als Messgröße. Hier zeigt sich, dass hauptberufliche Developer im Median 673 Commits pro Jahr liefern, was etwa 2,8 Commits pro Tag entspricht. Auch zeichnet sich der Trend ab, dass die Anzahl der Commits im Zusammenhang mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) zurückgeht.
Relevanz fĂĽr Entwicklerinnen und Entwicklern in Top-Organisationen
Besonders erfahrene Entwickler erreichen jährlich mindestens 1000 Commits pro Jahr (Median: 1,563). Das ist insofern relevant, als sich diese Gruppe – laut der Studie – mit den Top-Positionen wie Senior Developer oder Staff/Senior Staff Engineer ("L6/L7") in großen Technologieunternehmen wie Google, Amazon oder Facebook ("Tier-1") decken. Die Zahlen sollen demzufolge eine Orientierung für diejenigen bieten, die eine Karriere in einem Top-Unternehmen anstreben.
Zudem zeigt die Analyse, dass diese Entwicklergruppe im Median nur an Arbeitstagen aktiv sind, statt an Wochenenden oder im Urlaub. Das deutet an, dass es gegenwärtig auch in anspruchsvollen Positionen möglich ist, eine gesunde Balance zwischen Arbeit und Privatleben zu finden.
KĂĽnstliche Intelligenz verringert die Zahl der Commits
Mit Blick auf die Auswirkungen künstlicher Intelligenz kommt der Report zu dem Ergebnis, dass die Anzahl der Commits zwischen 2020 und 2023 um rund 9,5 Prozent zurückgegangen ist. Diesen auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinenden Trend begründet die Studie mit einer Erhöhung der Commit Change Density; Entwickler bündeln größere Änderungen in weniger Commits.
Ausgehend von seinen Beobachtungen propagiert der Report drei wesentliche Trends, die sich auf die Erwartungen an Softwareentwickler auswirken werden.
- Organisationen werden ihre Developer dazu anhalten, häufiger Codeänderungen einzupflegen. Sie gehen davon aus, dass moderne Tools so ein Vorgehen erlauben und möchten damit Transparenz für das Management gewährleisten und das Review, dank kleinerer Arbeitseinheiten, erleichtern.
- Commit-Nachrichten und Pull-Request-Beschreibungen werden umfangreicher, insbesondere in Folge verfĂĽgbarer KI-Werkzeuge, die entsprechende Beschreibungen generieren.
- Start-ups und Teams werden in ihrer Größe schrumpfen und Senior Developer bevorzugen. Auch hier sei wieder der Einfluss von KI zu spüren: mit modernen Sprachmodellen können Entwicklerinnen und Entwickler auch große Ideen mit im Verhältnis weniger Commits umsetzen. Und Produktivitätssteigerungen gerade hochqualifizierter Developer werden dazu beitragen, dass bereits kleine Teams mit fünf oder weniger Personen für die Produktentwicklung genügen. Der Report verweist insbesondere auf das 99. Perzentil, das bis zu zehnmal so viele Commits umsetzt wie ein durchschnittlicher Entwickler.
Als Datengrundlage für den Report über die Git Commit Count Percentile Stats dienen öffentliche GitHub-Profile, die zwischen 2020 und 2024 in mindestens einem Jahr zwischen 100 und 20.000 Code-Commits verzeichnet haben. Kumuliert erfasst der Report damit eigenen Angaben nach 878.592 Entwickler-Jahre an Informationen. Hinter der Analyse steckt Alloy, ein Anbieter der "Engineering-Intelligence-Plattform" GitClear, in dessen Blog die Ergebnisse jetzt vorgestellt wurden. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde die Firma mit Thesen zur Verschlechterung der Codequalität durch KI.
Inwieweit der Commit Count ein tragfähiges Konzept zu Produktivitätsmessung darstellt, dazu äußern selbst die Autoren der Studie Zweifel: "Der Commit Count ist alles andere als ein perfektes Barometer für den Entwicklungsfortschritt. Die Anzahl der Übertragungen zu manipulieren, ist trivial."
(who)