Reporter ohne Grenzen und Microsoft arbeiten an vertrauenswürdigen Nachrichten

Reporter ohne Grenzen und Microsoft haben eine Partnerschaft abgeschlossen, um über die Journalism Trust Initiative verlässliche Infos im Internet zu fördern.

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(Bild: Dilok Klaisataporn/Shutterstock.com)

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Das Internet gilt nicht in allen Bereichen als Hort vertrauenswürdiger Informationen. Auch Microsoft hat damit schon Erfahrungen gemacht. Der Software- und Internetkonzern ist daher nun eine Partnerschaft mit Reporter ohne Grenzen eingegangen, um die Verbreitung verlässlicher Nachrichten im Netz zu fördern. In diesem Rahmen beabsichtigt Microsoft, Daten der Journalism Trust Initiative (JTI) von Reporters sans frontières (RSF) in verschiedene seiner Produkte zu integrieren. Damit sollen auch Nachrichtenorganisationen, die die JTI-Kriterien erfüllen, unterstützt und aufgewertet werden.

Die JTI will einen internationalen Standard für Presseverlage und andere Nachrichtenquellen etablieren. Dazu hat RSF zusammen mit 130 internationalen Experten eine einschlägige ISO-Norm entwickelt. Das Europäische Komitee für Normung (CEN) ließ diese im Dezember 2019 als CEN Workshop Agreement (CWA) 17493 zu. Die Norm umfasst Kriterien zur Offenlegung der Eigentumsstruktur ("Identität und Transparenz") sowie der redaktionellen Arbeitsweise. Daran soll erkennbar sein, ob ein bestimmtes Medium professionelle journalistische Standards etwa in der Arbeit mit Quellen oder der Schulung von Mitarbeitern einhält. Nutzer können so prinzipiell einfacher die Vertrauenswürdigkeit von Online-Nachrichtenseiten bewerten.

Aktuell verwenden rund 800 Redaktionen weltweit die zugehörige JTI-App. In einem ersten Schritt können sie darüber eine Selbsteinstufung vornehmen und prüfen, inwiefern ihre redaktionelle Arbeitsweise den Kriterien des Standards entspricht. Das Ergebnis wird in einem öffentlich zugänglichen Transparenzbericht zusammengefasst. Bislang liegen 100 solcher Zusammenfassungen vor. 20 Medien haben darüber hinaus nach erfolgreicher externer Prüfung eine JTI-Zertifizierung erhalten. Zu den Pionieren gehören hierzulande die Portale von GMX und Web.de, international etwa CBC News und Radio Canada aus Kanada, France Televisions und Swissinfo (SWI).

Ein von JTI generierter Datensatz kann direkt in Algorithmen-basierte Dienste wie Nachrichten-Feeds, Suchmaschinen oder Ad-Tech-Software einfließen. RSF und Microsoft haben dazu bereits im Sommer eine Absichtserklärung (Memorandom of Understanding) unterzeichnet, die nun weiter Formen annimmt. Sie wollen sich demnach "gemeinsam mit den Bedrohungen auseinanderzusetzen, denen der weltweite Kommunikations- und Informationsraum ausgesetzt ist". RSF will die Produktteams von Microsoft jetzt bei der Integration und Erprobung des JTI-Datensatzes in ausgewählten Diensten wie der Suchmaschine Bing unterstützen. Ziel ist es, den Inhalt von Quellen zu bevorzugen, die den JTI-Kriterien entsprechen. Microsoft hat zudem zugesagt, die Initiative bei den Verlagen und Medienunternehmen voranzubringen, mit denen der US-Konzern zusammenarbeitet.

Der Software-Riese ist auch Partner von OpenAI und dessen Bot ChatGPT, dessen Ergebnisse nicht zwangsläufig als vertrauenswürdig gelten. Trotzdem integriert Microsoft dieses System für Künstliche Intelligenz (KI) als Copilot in zahlreiche seiner Produkte, inklusive Bing und Skype. Fauxpas nicht ausgeschlossen: Ein offenbar mithilfe von KI erstellter Artikel auf Microsofts Portal MSN empfahl bis Mitte August die Ottawa Food Bank – eine Lebensmittelhilfe für Menschen mit wenig Geld – als eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Kanadas Hauptstadt. Dazu kam der Tipp: "Ziehe es in Erwägung, mit einem leeren Magen zu kommen."

"Die Verbreitung von Online-Inhalten über Algorithmen berücksichtigt aktuell nicht die Vertrauenswürdigkeit von Nachrichtenmedien, die nicht zuletzt auf professionelle redaktionelle Standards zurückgeht", erklärte RSF-Generalsekretär Christophe Deloire bei der Bekanntgabe der Kooperation. JTI sei hier "das fehlende Bindeglied". Ginny Badanes, Direktorin der "Democracy Forward Initiative" von Microsoft, freute sich, Nutzern der Angebote des Konzerns künftig den Zugang zu verlässlichen News global vereinfachen zu können.

(olb)