RoboCup-WM: Rennende Rettungsroboter und hilflose Haushaltsassistenten

Ein plattes Fußballfeld ist keine Herausforderung, unebenes Gelände oder eine vollgestellte Wohnung schon eher. Da gibts für die Robbies noch einiges zu lernen.

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(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

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  • Hans-Arthur Marsiske

Die ältesten Ligen beim RoboCup, in denen nicht Fußball gespielt wird, sind die Robot Rescue League für Rettungsroboter, die es seit 2001 gibt, und die RoboCup@home League für Haushaltsroboter, deren Wettbewerb erstmals 2006 ausgetragen wurde. In beiden müssen sich die Roboter in Umgebungen bewähren, die deutlich komplexer strukturiert sind als ein Fußballplatz.

Ebenso komplex wie der Parcours sind die Punktesysteme, mit denen die Leistungen bewertet werden: So umfasst das Regelwerk für RoboCup@home stattliche 70 Seiten. Die Regeln für RoboCup Rescue kommen zwar mit einem Zehntel aus, dennoch erschließt sich die Leistung der Roboter auch hier nicht ohne weiteres. Zum einen ist die Arena bewusst unübersichtlich gestaltet, weil sie ja den Bedingungen in einem Katastrophengebiet entsprechen soll. Zum anderen ist auch dort, wo sich die Roboter fürs Publikum sichtbar durch die verschiedenen Hindernisparcours bewegen, zunächst nicht zu erkennen, ob sie ferngesteuert werden oder autonom agieren. Für autonom bewältigte Aufgaben gibt es jedoch die vierfache Punktzahl.

Dennoch lohnt es sich, eine Weile bei den Arenen stehenzubleiben und zuzusehen, wie verschiedene Roboter sich dort bewähren. So schickte das Team ALeRT von der FH Aachen seinen vierbeinigen Roboter in die Rescue Arena, wo er zunächst einige Male über unebenen Untergrund hin und her lief. Dabei stürzte er, war danach aber gleich wieder einsatzbereit und konnte mit seinem Arm noch einige Manipulationsaufgaben lösen. Der Roboter des Teams Hector von der TU Darmstadt bewältigte den gleichen Test mit vier beweglichen Kettenantrieben, was auf den ersten Blick einfacher wirkte. Doch dieser Roboter fuhr autonom und schaffte ohne menschliche Unterstützung auch die schwierigen Stellen.

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Der Vierbeiner des Teams ALeRT bewegte sich souverän über die schiefen Rampen... (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Hector hatte seine Roboter erst kürzlich beim Wettbewerb Enrich sehr souverän Räume im nie in Betrieb gegangenen Atomkraftwerk Zwentendorf erkunden lassen. Im Unterschied zu dieser realistischen Einsatzumgebung ist die Rescue Arena beim RoboCup keine naturalistische Nachbildung einer Katastrophenszenerie, sondern will mit genau definierten Tests für verschiedene Fähigkeiten wie Mobilität, Navigation oder Manipulation reproduzierbare Daten generieren. Im Lauf der Zeit sind daraus immer mehr Standardtestmethoden hervorgegangen, die etwa staatlichen Behörden bei der Beschaffung von Robotern eine wertvolle Hilfestellung bieten.

Einen guten Einblick in diesen Ansatz bietet ein Vortrag, den Adam Jacoff vom US-amerikanischen National Institute of Standards and Technology (NIST), Initiator und nach wie vor der Motor der RoboCup Rescue League, vor Kurzem bei der Konferenz ICRA gehalten hat. Zahlreiche Videos darin zeigen, wie gut sich vierbeinige Laufroboter in den Testarenen bewährt haben. Diese Technologie scheint mittlerweile kurz vor der Einsatzreife zu sein.

Bis Roboter auch im Haushalt sinnvolle Hilfe leisten können, dürfte es hingegen noch etwas länger dauern. Jedenfalls tun sich bei RoboCup@home die Maschinen vieler Teams immer noch schwer, einfache Aufgaben wie das Greifen und korrekte Handhaben von Gegenständen zu erledigen. So sollten sie etwa ein einfaches Frühstück zubereiten. Dafür galt es, eine Schüssel und einen Löffel auf den Tisch zu stellen und anschließend Corn Flakes und Milch in die Schüssel zu füllen.

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Bei den Haushaltsrobotern bewährte sich der Roboter des Teams Tidyboy... (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Ein Roboter griff stets zu kurz, ein anderer forderte ständig einen in der Nähe stehenden Menschen auf, ihm die Gegenstände in den Greifer zu legen. Ein weiterer griff zwar die Schachtel mit den Corn Flakes, drehte aber während des Transports zum Tisch den Arm, sodass der Inhalt auf den Boden rieselte.

Dem koreanischen Team Tidyboy (Pusan National University und Seoul National University) gelangen zwar alle Teilschritte, jedoch griff der Roboter die Schachtel nicht an der schmalen, sondern an der breiten Seite. Dadurch quetschte er sie so stark zusammen, dass am Ende nur wenige Flocken in die Schüssel fielen. Auch bei der Milch gingen ein paar Tropfen daneben. Dennoch gab es Applaus für den ansonsten sehr flüssigen Auftritt.

Das ist das Schöne am RoboCup: Weil man als Zuschauer sieht, wie viel schiefgehen kann und wie viele Teams scheitern, lässt sich die Leistung der erfolgreicheren Teams besser würdigen. Man lernt, wie schwierig Robotik tatsächlich ist, wie anspruchsvoll die darin wirkenden Technologien sind und staunt vielleicht auch, was alles der Mensch mit seinem Körper und seinem Gehirn scheinbar mühelos bewältigt.

(ea)