Roboter-Tentakel greifen sicher und vorsichtig

Ein einzelner Tentakel ist schwach, mehrere sind jedoch stark genug, um schwere Objekte gemeinsam zu fassen. Eine Alternative zu herkömmlichen Roboter-Greifern.

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(Bild: Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences (Screenshot))

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Forscherinnen und Forscher der Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences (SEAS) haben einen weichen Roboter-Greifer in Form pneumatischer Tentakel entwickelt, der unförmige sowie empfindliche Objekte besser und schonender anheben kann. Eine aufwendige Ansteuerung benötigt der Tentakel-Greifer dafür nicht.

Sollen Roboter zerbrechliche oder unregelmäßig geformte Objekte greifen und zerstörungsfrei anheben, muss einiger Aufwand betrieben werden. Denn die Roboter müssen erst lernen, wie und wie fest sie bei welchem Objekt zugreifen müssen. Oder sie benutzen Sensoren und entsprechende Rückkopplungsmechanismen, um Gegenstände sicher zu greifen und dabei nicht zu beschädigen.

Der Tentakel-Greifer kann auch eine Pflanze beschädigungsfrei anheben.

(Bild: Harvard John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences)

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der SEAS haben sich für einen einfacheren Weg entschieden und sich von der Natur inspirieren lassen. Ihr Roboter-Greifer besteht aus einem Bündel dünner Tentakel, die beliebig geformte Objekte umschlingen und einfangen, ähnlich wie Quallen, die mit ihren Tentakeln ihre betäubte Beute einfangen.

Einzelne Tentakel allein sind jedoch zu schwach, um Objekte anheben zu können, wie das Forschungsteam in ihrem in Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichten wissenschaftlichen Paper "Active entanglement enables stochastic, topological grasping" beschreiben. Gemeinsam sind jedoch mehrere Tentakel stark genug, um auch höher gewichtige unförmige Objekte anzuheben.

Bei dem Roboter-Greifer des Wissenschaftsteams der SEAS handelt es sich um ein Bündel etwa fußlanger weicher hohler Gummischläuche, bei denen die eine Seite dicker ist als die andere. Wird nun Druck im Schlauch aufgebaut, rollt sich die eine Seite auf. Dabei können sie ein Objekt umschlingen und so umwickeln, dass es festgehalten wird. Zusätzlich verbinden sich die Tentakel miteinander, sodass sie zusammen höhere Gewichte tragen können. So ist zwar der kollektive Halt hoch, einzelne Tentakel üben allerdings nur wenig Kraft auf das Objekt aus, sodass auch bei empfindlichen Objekten keine Beschädigungen auftreten.

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"Die Verschränkung ermöglicht es jedem hochflexiblen Faden, sich lokal an ein Zielobjekt anzupassen, was zu einem sicheren, aber sanften topologischen Griff führt, der relativ unabhängig von den Details der Art des Kontakts ist", erläutert L. Mahadevan, Professor für Angewandte Mathematik an der SEAS und Mitautor der Studie.

Soll das Objekt wieder losgelassen werden, lässt man den Druck aus den Schläuchen ab, sodass sie sich wieder lösen und das Objekt freigeben. Der Vorteil dieses Roboter-Greifers: Er benötigt weder Sensoren noch eine komplexe Ansteuerungselektronik oder eine Einlernphase per Machine Learning.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben in Simulationen und Experimenten die Funktion und Wirksamkeit des Tentakel-Greifers erprobt und dabei unterschiedliche Objekte wie Obst, Gemüse, Spielzeug, Zimmerpflanzen und Glaswaren greifen lassen. Dabei konnte der Greifer die Objekte zuverlässig umfassen und anheben.

"Dieser neue Ansatz für das Greifen mit Robotern ergänzt bestehende Lösungen, indem er einfache, herkömmliche Greifer, die komplexe Kontrollstrategien erfordern, durch extrem nachgiebige und morphologisch komplexe Fäden ersetzt, die mit einer sehr einfachen Kontrolle arbeiten können", sagt Robert Wood, Mitautor der Studie.

(olb)