Roboterwettbewerb Enrich: Manchmal stürzt nicht nur die Software ab

Der erste Tag des Roboterwettbewerbs Enrich begann mit einem spektakulären Crash. Am zweiten Tag mussten radioaktive Strahlungsquellen gefunden werden.

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(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

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  • Hans-Arthur Marsiske

Beim Roboter-Wettbewerb Enrich im AKW Zwentendorf hat am Mittwoch die heiße Phase begonnen, bei der radioaktive Strahlungsquellen versteckt werden und mithilfe von Robotern gefunden werden sollen. Wie gestern, als die Szenarien zunächst ohne Radioaktivität geprobt wurden, waren auch diesmal zunächst die fliegenden Roboter gefordert. Das Team flyby, dessen Strahlungsdetektor gestern beim Absturz der Drohne beschädigt wurde und noch nicht repariert werden konnte, startete mit einem kleineren Quadrokopter. Damit gelang es, bis zur zweiten Ebene des Schachtes aufzusteigen und eine dreidimensionale Umgebungskarte zu erstellen, womit das Team vollauf zufrieden war.

Das Team Tiers steuerte seine Drohne nur beim Start und bei der Landung bis zu einer Höhe von zwei Metern manuell und ließ sie dann autonom fliegen. Bereits nach sieben Minuten kehrte sie zurück, nachdem sie den Reaktorraum in 40 Metern Höhe entsprechend der vorgegebenen Explorationsstrategie erkundet und eine Karte davon erstellt hatte. Die Auflösung liege bei etwa 20 Zentimetern, erklärte ein Teammitglied. Eine Strahlungskarte gab es dagegen nicht, da der entsprechende Sensor ausgefallen war, was die Freude des Teams über den ansonsten sehr gelungenen Flug aber nicht erkennbar trübte.

Zweiter Wettbewerbstag Enrich (6 Bilder)

Der Roboter des Newcomer-Teams Capra zählt jetzt schon zu den Favoriten dieses Wettbewerbs. (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Ohnehin sollen möglichst alle Teams die Gelegenheit zu einem zweiten Durchgang bekommen, hatten die Organisatoren bei der Eröffnung erklärt – was allerdings erfordert, dass alle sich an den engen Terminplan halten. Der sieht für jedes Team 20 bis 35 Minuten vor, je nachdem für welche der drei Szenarien es sich angemeldet hat: Kartierung, Manipulation oder Rettung eines Verletzten (der durch eine 33 kg schwere Puppe simuliert wird).

Einige Teams sind von ihrer Ausstattung ohnehin nicht in der Lage, Ventile zu betätigen oder schwere Gegenstände zu bewegen, und konzentrieren sich daher auf die Kartierung. Deren Leistung lässt sich durch bloßes Zuschauen kaum einschätzen, sondern kann erst auf Basis der abgelieferten Daten durch die Jury beurteilt werden. Die wird am Donnerstagnachmittag verkünden, wer in welcher Wettbewerbskategorie am besten abgeschnitten hat.

Bis dahin sind wir auf den Augenschein angewiesen und das, was zwischendurch, wenn die Teams sich abwechseln, auf die Schnelle zu erfahren ist. So sorgen Kommunikationsprobleme immer wieder dafür, dass Roboter sich nur wenig oder gar nicht bewegen. Da fällt es dann umso positiver auf, wenn ein Roboter so munter durch die Räume fährt wie der des Teams Capra aus Kanada. Das ist umso beeindruckender, als dieser Roboter in den vergangenen Jahren von Studenten komplett selbst gebaut wurde. Sie hätten sich sehr darum bemüht, die Daten zu komprimieren, erklärte ein Teammitglied, weswegen es so gut wie keinen Stillstand aufgrund von Kommunikationsschwierigkeiten gäbe. Allerdings ist die Steuerung des Roboterarms aufwendig, weil jedes Gelenk einzeln angesteuert werden muss. Die Programmierung von Assistenzfunktionen, bei denen der Operator nur noch den Zielpunkt angeben muss und der Roboter selbst die erforderlichen Gelenkwinkel errechnet (inverse Kinematik), ist eine Zukunftsaufgabe. Dann dürfte auch die Messung der Radioaktivität mit einem am Arm befestigten Detektor leichter fallen. Heute sahen die Bewegungen noch zu ungelenk aus, um die Strahlungsquelle so genau zu lokalisieren, wie es die Wettbewerbsbedingungen erfordern.

Dem Team Hector DRZ scheint das besser gelungen zu sein. Es fuhr mit zwei Robotern in die Arena, einem radgetriebenen Scout und einem Telemax mit vier beweglichen Ketten, der zudem über inverse Kinematik verfügt. Das erleichterte offenbar die Lokalisierung der Strahlenquelle, die in einer von drei nebeneinander aufgestellten Rohren versteckt war. Auf das Schließen des entsprechenden Ventils wurde aber verzichtet, weil das Team sich auf die Kartierung konzentrieren wollte.

In dieser Kategorie hat Team Hector allerdings einen starken Mitbewerber im Team MSAS, dessen kleiner Husky-Roboter rasend schnell durch die Räume fuhr. "Unser Sensor ist mittlerweile so schnell, dass wir die Geschwindigkeit des Roboters voll ausnutzen können", erklärte Teamleiter Janusz Będkowski dazu.

Zu den Favoriten zählt auch des Team FZI-RET vom Karlsruher Forschungszentrum Informatik. Allein der Leitstand mit sechs Monitoren ist schon beeindruckend. Darüber werden drei Roboter gesteuert, ein radgetriebener Husky sowie zwei vierbeinige Laufroboter, ANYmal (ETH Zürich) und Spot (Boston Dynamics). Die Idee ist es, die Roboter kooperieren zu lassen: So verfügt ANYmal über einen Strahlungsdetektor, mit dem er Strahlungsquellen lokalisieren kann, während Spot mit seinem Manipulatorarm dann die entsprechenden Knöpfe drücken oder Ventile schließen könnte – wenn die Verständigung denn so reibungslos ablaufen würde wie geplant. Das war heute noch nicht der Fall.

Dafür sorgte das Team für den spektakulären Höhepunkt des Tages, als der Husky zunächst sehr eng an der Bodenklappe vorbeifuhr, die heute weiter geöffnet war als gestern, sodass ein drei Meter tiefer Absturz eine realistische Möglichkeit war. Allein diese zentimetergenaue Navigation war schon spannend, doch dann riss die Funkverbindung ab. Ein Teammitglied befürchtete, der Roboter könne jetzt versuchen, autonom zurückzufahren – was er auch tat, aber leider nicht ganz so präzise wie während der Hinfahrt. Erst kippte ein Rad in die Lücke, dann das zweite – aber der Roboter blieb hängen. Glück gehabt. Morgen besser machen.

(axk)