Rockstar Games reanimiert Max Payne

Nach der Wiederauferstehung des Duke Nukem feiert nun der depressive Ex-Cop Max Payne sein Comeback. Neun Jahre investierten die GTA-Entwickler in diesen visuell beeindruckenden wie spielerisch konservativen Shooter.

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Alte Spieleserien mit einem dritten Teil aufzukochen hat dieser Tage offenbar Konjunktur. Rockstar Games – bekannt durch die Serie "Grand Theft Auto" – lassen am heutigen Freitag ihren tragischen Helden im Action Shooter "Max Payne 3" wieder auferstehen. Zunächst erscheint das Spiel nur für die PS3 und Xbox 360, die PC-Version soll am 1. Juni folgen.

Max Payne 3 lässt Kugeln in Zeitlupe fliegen und verzerrt die Ansicht immer wieder mit Doppelbildern des betrunkenen Helden.

(Bild: Rockstar Games)

Als der erste Teil 2001 auf den Markt kam, sorgte er vor allem durch seine Zeitlupenfunktion, "Bullet Time" genannt, für Furore, die Schusswechsel wie in einem John-Woo-Film verlangsamte. Die Story orientierte sich an alten Hard-Boiled-Filmen und erzählte den Rachefeldzug eines ehemaligen Cops, der von Albträumen heimgesucht wurde, seitdem seine Familie vor seinen Augen erschossen wurde. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien nahm das Spiel nach zehn Jahren im Februar vom Index.

Im dritten Teil arbeitet der Ex-Cop als alkohol- und tablettensüchtiger Bodyguard für eine reiche Familie in Sao Paulo. Als Gangs aus den Favelas deren Party stürmen und mehrere Familienmitglieder entführen, jagt Max Payne den Banden hinterher. Seine Motivation bleibt dabei unklar, denn eigentlich verachtet er seine versnobten Auftraggeber. Die Handlung konzentriert sich einzig auf den Protagonisten, der das Geschehen immer wieder aus dem Off kommentiert. Die Autoren versäumten es leider, die übrigen Figuren besonders herauszuschälen. Es gibt keinen charismatischen Bösewicht oder besonders liebenswerte Opfer, die dem Drama mehr Tiefgang verleihen.

Stattdessen verschwimmt die Umwelt des Helden im Drogenrausch. Max Payne säuft Whiskey pur und versucht seinen Schmerz mit Tabletten zu betäuben. Die von GTA4 und Red Dead Redemption bekannte RAGE-Engine verzerrt und doppelt die Bilder. Man meint zuweilen einen 3D-Film ohne Brille zu sehen. Zudem setzen die Macher die aus Filmen wie Carrie bekannte Split-Screen-Technik ein, um das Tempo zu erhöhen. Markante Dialogschnipsel werden als Schriften eingeblendet. An der Ästhetik des Spiels hätten auch Filmstudenten ihre Freude.

Doch in der modernen Verpackung steckt spielerisch ein Shooter der alten Schule. Die berühmte Bullet-Time, mit der der Spieler auf Knopfdruck die Zeit verlangsamt, damit er Gegner einfacher erschießen kann, ist zwar noch immer ein wichtiges Element. Sie ist allerdings nicht mehr so überlebensnotwendig wie in den Vorgängern, da Max Payne sich inzwischen auch hinter Kisten und Mauervorsprüngen verschanzen und aus der Deckung schießen kann. Kombiniert man diese aus "Gears of War" bekannte Technik mit der neuen Zielhilfe, die Gegner auf Knopfdruck anvisiert, so bekommt der Ex-Cop nur an wenigen Stellen Probleme, Widersacher wie Kanonenfutter niederzumähen. In höheren Schwierigkeitsgraden muss man hingegen genauer zielen, um am Leben zu bleiben.

Während der vierzehn Kapitel – die durchschnittlich jeweils etwa eine halbe Stunde dauern – gehen Schießereien und Zwischensequenzen nahtlos ineinander über. Max Payne 3 ist ein sehr linear verlaufender Shooter, der die Scharmützel allenfalls durch vereinzelte Helicopter- oder Scharfschützen-Einlagen auflockert. Das Spiel verhält sich zu Sonys "Uncharted" wie ein Single-Malt-Whisky zu einer Piña Colada: Während "Uncharted" seine Schießereien mit Klettereinlagen und Puzzles versüßt, setzen die Rockstar-Entwickler auf unverwässerte Hard-Boiled-Action.

Mit "Max Payne 3" zeigen die Entwickler von Rockstar Games, dass sie nicht nur das Metier der Sandbox-Spiele wie "GTA" beherrschen, sondern auch linear verlaufende Spiele filmreif inszenieren können. Allerdings hätte man sich gewünscht, dass sie die Handlung mit mehr skurrilen Charakteren ausstaffieren, wie man es von "GTA" und "Red Dead Redemption" gewohnt ist. Als Charakterfigur ist Max Payne durchaus ein interessanter Videospiel-Held. Doch wenn Alkohol und Tabletten seine einzig ernstzunehmenden Freunde wie auch Widersacher sind, dann bleibt am Ende der Sauf-Tour de Force eine unbefriedigende Inhaltsleere zurück. (hag)