Rund 12.000 Personen in Neonazi-Datei gespeichert

Laut dem Evaluierungsbericht der "Verbunddatei Rechtsextremismus" sind darin über 9000 hauptsächliche Gefährder und gut 2300 Kontaktpersonen erfasst. Grundsätzlich sei die Datenbank verfassungskonform.

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Neonazi

(Bild: dpa, Bernd Thissen / Archiv)

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Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder hatten mit Stichtag 1. Oktober 2014 Daten von genau 11.336 Verdächtigen und Straftätern in die noch vergleichsweise junge Rechtsextremismus-Datei (RED) eingespeist. Dazu kamen 599 einschlägige Gruppierungen und Vereinigungen. Dies geht aus dem jetzt veröffentlichten Evaluierungsbericht der Datenbank hervor, den das Speyerer Institut für Gesetzesfolgenabschätzung und Evaluation (Ingfa) schon im November an die Bundesregierung übergeben hatte. Zum Vergleich: Die Zahl der Verdächtigen, die im "großen Bruder" der RED – der Anti-Terror-Datei – verzeichnet sind, schwankte 2012 und 2013 zwischen 20.000 und 18.000 Individuen.

Die Zahl der in der RED gespeicherten Personen sei – nach einem kurzen Anstieg zu Beginn des Untersuchungszeitraums Ende 2012 – vergleichsweise konstant geblieben, heißt es in der knapp 150-seitigen Analyse. Bei den Neonazi-Organisationen sei dagegen "ein starker Anstieg" bis Ende September 2014 zu verzeichnen gewesen. Zu knapp der Hälfte der erfassten Personen hätten "erweiterte Grunddaten" vorgelegen. Diese dürfen Strafverfolger oder Geheimdienstmitarbeiter nur mit gesonderter Erlaubnis einsehen.

Insgesamt seien in den begutachteten knapp zwei Jahren 67.320 Objekte in der Datei festgehalten und teils wieder gelöscht worden, schreiben die Autoren des Berichts. Rund 90 Prozent davon stammten vor allem von den Verfassungsschutzbehörden und zu einem deutlich geringeren Anteil von Polizeiämtern der Länder, der Rest vom Bund. Nur 1,4 Prozent der erfassten Objekte seien verdeckt gespeichert worden, da sie etwa als geheim eingestuft seien.

Im Evaluationszeitraum sind den Wissenschaftlern zufolge 40.223 Suchanfragen in der Verbunddatei durchgeführt worden, "wobei zu Beginn ein Anstieg und seit August 2013 ein Rückgang der Anfragen zu verzeichnen war". 393.955 "technische Treffer" habe das System daraufhin ausgegeben. Von Interesse seien vor allem Personen gewesen. Hauptsächlich hätten die Berechtigten Informationen gepflegt oder konkrete Hinweise überprüft.

Am aktivsten sollen bei den Abrufen die Ermittler gewesen sein. Insgesamt habe es 120 Anfragen nach erweiterten Grunddaten gegeben, die in 84 Prozent der Fälle freigegeben worden seien. Von dem besonders umkämpften Online-Zugriff im Eilfall sei kein Gebrauch gemacht worden.

Dem Ziel, den Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden effektiver zu gestalten und so "gewaltbezogenen Rechtsextremismus" besser bekämpfen zu können, wird die Datei beziehungsweise das ihr zugrundeliegende umstrittene Gesetz den Prüfern zufolge gerecht. Ermöglicht werde über die recherchierbaren Fundstellennachweise eine schnelle und zielgerichtete Kontaktaufnahme mit den verschiedenen Ämtern, die ebenfalls über Informationen zu einem gesuchten Objekt enthielten.

Allgemein erfülle die Datei die ihr zugedachte Aufgabe "auf verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstandende Art und Weise", wollen die Verfasser herausgefunden haben. Der Gesetzgeber habe "im Wesentlichen einen angemessenen Ausgleich" zwischen Grundrechtseingriffen der Betroffenen und Schutzbedürfnissen der Allgemeinheit gefunden. Zugriffshürden seien differenziert nach der Schwere der jeweiligen Maßnahmen ausgestaltet, was den Vorgaben des Grundgesetzes entspreche. Kritiker befürchteten beim Start der Datei im Herbst 2012 vor allem, dass damit das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten weiter unterlaufen werde. (mho)