Rundfunkreform: ARD-Radioprogramme werden von 70 auf 53 reduziert

Die Ministerpräsidenten haben sich auf einen „Reformstaatsvertrag“ für die Öffentlich-Rechtlichen geeinigt. Die Sender sollen digitaler und schlanker werden.

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(Bild: Cineberg/Shutterstock)

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Die Regierungschefs der Länder haben im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz am Freitag in Leipzig den heftig umstrittenen Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschlossen. Die Runde sei sich einig gewesen, „ARD, ZDF und Deutschlandradio digitaler, schlanker und moderner aufzustellen“, teilte die federführende rheinland-pfälzische Landesregierung im Anschluss mit. Ziel sei es, so auch die Akzeptanz der Bürger für die gebührenfinanzierten Sender zu stärken. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD), der auch Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder ist, betonte: „Doppelstrukturen sollen abgebaut werden unter dem Motto: Mehr Klasse statt Masse.“ Vielfalt gehöre ins Programm, nicht in die Verwaltung.

Konkret sieht der „Reformstaatsvertrag“ nach den Überarbeitungen des ursprünglichen Vorschlags vor: Die aktuell 70 Hörfunk-Wellen der ARD werden auf 53 abgebaut. „Digitalangebote und Spartenkanäle sollen geclustert und konsolidiert werden“, erläuterte Schweitzer. „Inhalte bleiben erhalten. Ausspielwege werden überprüft, oft überwiegt auch heute schon die digitale die lineare Nutzung.“

Details sollen die Intendanten im Rahmen ihrer Programmautonomie entscheiden. Arte solle weiterentwickelt werden zu einer europäischen Kulturplattform, berichtete der Chef der Rundfunkkommission. „Und hier macht es perspektivisch Sinn, auch die kulturellen Angebote von 3sat dort zu integrieren.“ Beide Sender würden aber nicht fusioniert. Kika und das digitale Angebot Funk bleiben erhalten.

Bei One und ZDFneo soll es eine Kooperation geben. Zuvor monierte der ZDF-Fernsehrat: Die vorgesehene Einschränkung des Angebots werde „dem Anspruch, ein Programm für alle Gesellschaftsgruppen zu bieten, nicht gerecht“. Das Streichen eingeführter Kanäle würde „das Ziel der Reform, eine Verbesserung herbeizuführen, ad absurdum führen“.

Zu den Schwerpunkten des neuen Rundfunkstaatsvertrages gehört es, eine gemeinsame digitale Plattform der Öffentlich-Rechtlichen zu schaffen. ARD und ZDF arbeiten bereits seit Jahren an einer gemeinsamen Mediathek. „Um mit den großen amerikanischen und chinesischen Plattformen konkurrieren zu können, sollen die öffentlich-rechtlichen auch mit den privaten Medien enger kooperieren", hieß es aus Mainz. So sollen Inhalte von ARD und ZDF „auf Anfrage“ auch in privaten Streaming-Portalen wie Joyn oder RTL+ abrufbar sein.

Für Aufruhr sorgte vorab auch das Thema „Presseähnlichkeit“. Der Entwurf sah dazu vor: Erst wenn ARD, ZDF und Deutschlandradio in einer audiovisuellen Sendung über ein Thema berichtet haben, dürften sie auch online darüber schreiben. Damit wollte die Rundfunkkommission dem Drängen von Presseverlegern nachkommen. Die Öffentlich-Rechtlichen warnten deswegen vor einem Kahlschlag bei Textangeboten im Internet. Als Kompromiss haben die Ministerpräsidenten eine „Positivliste“ beschlossen. Diese solle regeln, was die Anstalten künftig online dürfen, erklärte die Mainzer Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD). Eine Berichterstattung in Echtzeit für Eilmeldungen werde weiter gestattet.

Auch eine Deckelung von Ausgaben für Sportrechte haben die Regierungschefs abgenickt. Noch nicht einigen konnten sie sich auf die von der Gebührenkommission KEF ins Spiel gebrachte Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent auf monatlich 18,94 Euro ab Januar. Vor allem Sachsen-Anhalt und Bayern sprachen sich wiederholt dagegen aus, diese Empfehlung umzusetzen. Dahinter steht aber ein verfassungsrechtlich verankertes Verfahren. Sachsen-Anhalt erlitt deswegen 2021 vor dem Bundesverfassungsgericht eine juristische Schlappe, nachdem sich das Land schon einmal gegen eine von der KEF angeratene Erhöhung gestellt hatte.

Verständigt haben sich die Präsidenten laut Rheinland-Pfalz prinzipiell aber auf einen „Systemwechsel zu einem neuen Finanzierungsmodell“. Dieser könnte in einer automatischen jährlichen Anpassung des Beitrags bestehen, wie sie bereits wiederholt im Gespräch war. Die Rundfunkkommission soll bis zur nächsten Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember noch rechtliche Fragen und mögliche Optionen prüfen sowie einen Vorschlag unterbreiten. Im Anschluss müssen die Vorhaben noch die Länderparlamente passieren. Lehnt auch nur ein Landtag die Reform ab, ist das gesamte Verfahren gescheitert. Andernfalls könnten die neuen Vorgaben in Kraft treten und von Sommer 2025 an umgesetzt werden.

(usz)