Sanktionen: Russische Halbleiterindustrie verliert Zugang zu ARM-Technik

Russische CPU-Entwickler wie Baikal können keine neuen ARM-Prozessoren mehr fertigen lassen, solange der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine andauert.

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(Bild: Dragon Images/Shutterstock.com)

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Die britische Regierung dreht russischen Hardware-Firmen den Zugang zur CPU-Architektur ARM der gleichnamigen britischen Firma vollends ab. Unter anderem Baikal Electronics und das Moscow Center of SPARC Technologies (MCST, МЦСТ) stehen auf einer am 4. Mai veröffentlichten Embargo-Liste des Office of Financial Sanctions Implementation (OFSI).

Von den Sanktionen der Briten sind insgesamt 63 Unternehmen betroffen. Demnach darf ARM keine Architekturlizenzen und CPU-Kerndesigns mehr an dort aufgeführte russische Firmen verkaufen. Baikal Electronics entwickelt die derzeit komplexesten russischen Prozessoren, zuletzt etwa den Serverprozessor BE-S1000 mit TSMCs 16-nm-Technik und 48 ARM-Rechenkernen vom Typ Neoverse N1. Das MCST verwendet primär die exotische VLIW-Architektur, etwa für den Achtkerner Elbrus 8SV, sodass ein ARM-Embargo dort nicht so schwer wiegt.

Auch von Sanktionen der US-Regierung ist ARM betroffen. Das US-Handelsministerium ergänzte Anfang März seine Liste der Unternehmen, die Handelsbeschränkungen unterliegen, darunter auch Baikal Electronics und das MCST. Da ARM mehrere Niederlassungen in den USA hat, muss sich die Firma sowohl an britische als auch an US-amerikanische Vorgaben halten. Damit Russland neue ARM-Lizenzen kaufen kann, müssen nun sowohl die USA als auch Großbritannien ihre Sanktionen aufheben.

Die russische Tageszeitung Kommersant zitiert Sergey Glandin, der bei russischen Kanzlei Pen & Paper auf Sanktionsrecht spezialisiert ist und laut dem Baikal Electronics die bisherigen ARM-Lizenzen weiterverwenden kann. Demnach ist die Firma in der Lage, mit einer bestehenden Design-Lizenz ARMv9-Prozessoren zu entwerfen – für 2025 ist etwa die Baikal-S2-Generation mit Neoverse-N2-Kernen geplant –, kann diese ohne Produktionslizenz aber bei keinem seriösen Chipauftragsfertiger herstellen lassen.

Ohnehin haben die meisten Chipauftragsfertiger wie TSMC und Samsung die Geschäftsbeziehungen zu russischen Firmen infolge des Angriffskriegs eingestellt, sodass Baikal selbst den aktuellen BE-S1000 nicht mehr produzieren lassen kann. Lediglich über China wäre ein Umgehen der Sanktionen theoretisch denkbar. Der chinesische Chipauftragsfertiger SMIC produziert Halbleiterbauelemente allerdings mit bestenfalls 12 Nanometern und dürfte unter anderem mit Huawei als Kunden ausgelastet sein.

(mma)