Russland startet System zur Überprüfung des Internets auf verbotene Inhalte

Russische Behörden kündigen den Start von Oculus an, einem automatisierten System zur Erkennung von "LGBT-Propaganda" und anderen "verbotenen Online-Inhalten".

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(Bild: FellowNeko / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andreas Knobloch

Die der russischen Kommunikationsbehörde Roskomnadzor unterstellte Regulierungsbehörde GRFC hat bekanntgegeben, ein neues automatisiertes System namens "Oculus" eingeführt zu haben, das das Internet nach Foto- und Videoinhalten durchsucht, die nach russischem Recht verboten sind. Das berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax am Montag.

Dem Bericht zufolge wurde Oculus "bereits in Betrieb genommen und erfüllt die ihm zugewiesenen Aufgaben in vollem Umfang". Eine Ausschreibung in Höhe von 57,7 Millionen Rubel (etwa 729.000 Euro) zur Entwicklung des neuronalen Netzwerks, das das neue System steuern wird, war erstmals im September 2021 angekündigt worden. Im Dezember 2022 begannen die Behörden mit dem Testen des Systems; bis 2025 sollen es die Entwickler weiter "verbessern", heißt es.

Oculus erkennt demnach "Bilder und Symbole, illegale Szenen und Handlungen und analysiert den Text in Fotos und Videos". Insbesondere erkennt das System "automatisch Verstöße wie extremistische Themen, Aufrufe zu illegalen Versammlungen, Selbstmord, drogenfördernde Inhalte, LGBT-Propaganda usw.". Bislang mussten die GRFC-Spezialisten manuell nach verbotenen Inhalten suchen. Im Durchschnitt bearbeiteten sie 106 Bilder und 101 Videos pro Tag. Oculus dagegen ist in der Lage, mehr als 200.000 Bilder pro Tag zu analysieren – mit einer Geschwindigkeit von etwa 3 Sekunden pro Bild.

Die GRFC behauptet, dass "seit dem Beginn der militärischen Sonderoperation in der Ukraine Fälschungen in einem noch nie dagewesenen Umfang und Tempo verbreitet werden, die darauf abzielen, reale Fakten durch eine speziell konstruierte 'Realität zu ersetzen". Laut Interfax sind auf Antrag der russischen Generalstaatsanwaltschaft im vergangenen Jahr 102.600 Internetressourcen mit falsch eingestuften Informationen, u.a. über den Kriegsverlauf in der Ukraine, entfernt und gesperrt worden, während es im Jahr zuvor 7.200 solcher Ressourcen waren.

Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine gehen die russischen Behörden verstärkt gegen unliebsame Medien und Inhalte im Netz vor. Im September hatte ein russisches Gericht der Putin-kritischen Zeitung "Nowaja Gaseta" die Zulassung entzogen. Als Grundlage dient ein bereits 2019 in Kraft getretenes "Fake-News-Gesetz". Es sieht hohe Haftstrafen für Journalisten vor, deren Veröffentlichungen offiziellen Verlautbarungen widersprechen. Die "Nowaja Gaseta" hatte den russischen Angriff auf die Ukraine als Krieg bezeichnet. Offiziell wird er in Russland nur "militärische Spezialoperation" genannt.

Derweil ist laut GRFC ein weiterer Ausbau des Oculus-Systems ist geplant. "Bis 2025 wird die Möglichkeit der Hinzufügung neuer Klassen und Arten von Verstößen sowie die Funktion der Identifizierung der Posen von Personen und ihrer Handlungen ausgearbeitet", heißt es.

(akn)