Russland und die ISS: US-Astronauten und Roskosmos-Chef pöbeln auf Twitter

Der Ton zwischen Russlands Raumfahrtbranche und dem Westen wird immer rauer. Nun beziehen NASA-Astronauten Stellung – auf Russisch.

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(Bild: NASA)

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Nachdem eine russische Nachrichtenagentur ein Video veröffentlicht hat, das als Drohung für die ISS aufgefasst werden kann, hat einer der bekanntesten US-Astronauten mit dem Chef der russischen Weltraumagentur Beleidigungen auf Twitter ausgetauscht. Scott Kelly, der mehrmals Kommandant der Internationalen Raumstation war, schrieb an Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin unter anderem, dass dessen Weltraumprogramm ohne westliche Devisen nichts wert sei und legte ihm einen Job bei McDonald's nahe, "wenn es McDonald's in Russland noch gibt".

Rogosin wiederum nannte Kelly in einem wieder gelöschten Tweet einen Idioten und verlangte von ihm aufzuhören, "andernfalls werde der Tod der ISS" auf sein Konto gehen. Kelly hat wie alle Besucher und Besucherinnen der ISS für seinen Aufenthalt Russisch gelernt.

Seinen "ersten Twitterstreit" hat Kelly wegen eines Videos der Nachrichtenagentur Ria Novosti vom Zaun gebrochen, erklärte er CNN. In dem angeblich zwischenzeitlich auch von Rogosin geteilten Film sind zwei russische Kosmonauten zu sehen, die dem US-Amerikaner Mark Vande Hei zuwinken und ihn offenbar auf der ISS zurücklassen. In der Folge wird augenscheinlich der russische Teil der Raumstation abgekoppelt, woraufhin der Rest abstürzt.

Mark Vande Hei ist gegenwärtig an Bord der ISS. Dorthin ist er mit einer russischen Sojus-Kapsel geflogen, auf die er für seine Rückkehr ebenfalls angewiesen ist. Es sei unvorstellbar, dass das russische Raumfahrtprogramm einen Menschen im All zurücklasse, für dessen Heimkehr es verantwortlich ist, meint Kelly. Aber auch die aktuelle Invasion der Ukraine durch russische Truppen sei unvorstellbar gewesen, "also wer weiß?"

Die Episode unterstreicht einmal mehr, wie fragil die Kooperation zum Betrieb der ISS mit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine geworden ist. Nachdem die russische Raumfahrt in den restlichen Bereichen innerhalb weniger Tage nach Beginn des Angriffskriegs weitgehend isoliert wurde, klappt die ISS-Zusammenarbeit offenbar nur noch, weil beide Seiten komplett aufeinander angewiesen sind.

Rogosin macht derweil nicht den Eindruck, dass ihm besonders viel daran gelegen ist, jedenfalls insofern es seinen Twitteraccount angeht. Auf die Verhängung scharfer Sanktionen hatte er bereits mit wüsten Drohungen reagiert. Kelly hat er dort inzwischen geblockt, mit Garrett Reisman hat ihn ein weiterer ehemaliger ISS-Astronaut – ebenfalls auf Russisch – als "Narr" bezeichnet.

(mho)