Gigabytes "BIOS-Zauberei" soll Ryzen 9000 beschleunigen
In einer schnell zurückgezogenen Mitteilung kündigte Gigabyte einen "X3D Turbo Mode" an. Wie der funktionieren soll, ist völlig unklar.
Alle Hardware-Spatzen pfeifen es inzwischen von den Dächern: In Kürze steht die offizielle Ankündigung von AMDs Prozessorserie Ryzen 9000 X3D bevor. Der Ryzen 9800 X3D, mit wie beim Vorgänger acht Kernen, sechzehn Threads und 3D-V-Cache für alle Cores, soll dann wieder den schnellsten Gaming-Prozessor darstellen. Wie schon so oft konnte ein einzelner Hersteller den Launch der neuen CPUs nicht abwarten.
So preschte in dieser Woche Gigabyte voran und kündigte für seine Mainboards eine neue Funktion an, die "X3D Turbo Mode" heißt. Sie soll bei Ryzens der 9000er-Serie mit 3D-V-Cache bis zu 35 Prozent mehr Tempo bringen, und bei den schon erhältlichen Granite-Ridge-CPUs ohne den Zusatzspeicher noch bis zu 20 Prozent. Wie das gehen soll, ging aus der inzwischen nicht mehr auf Gigybytes Webseite zu findenden Mitteilung (hier der tote Link) nicht hervor. Videocardz hat jedoch zwei der darin enthaltenen Screenshots aus dem BIOS sowie den Text der Mitteilung veröffentlicht.
Der Mainboardhersteller schreibt darin wörtlich von seiner "Gigabyte BIOS-Zauberei X3D Turbo Mode", im Original wird der Begriff "wizardry" gebraucht. Und tatsächlich grenzen die Leistungsversprechen auch an Zauberei, vor allem, weil bei bisherigen X3D-Ryzens der 3D-V-Cache sehr empfindlich auf Übertaktungen reagierte, und viele Overclocking-Funktionen gleich gesperrt wurden. Bei den X3D-Ryzens der 9000er-Serie soll AMD unbestätigten Angaben zufolge einige Funktionen zum Übertakten wieder zugänglich machen.
Marketing aus einem Paralleluniversum
Der Programmierer Yuri Bubliy, von dem einige Tuning-Tools fĂĽr Ryzen-Prozessoren stammen, meint auf der Plattform X, dass es sich bei der Gigabyte-Funktion schlicht um das Abschalten eines CCDs handelt. "Die Marketingabteilung lebt in einem Paralleluniversum", schreibt Bubliy. Die Funktion sei nur fĂĽr Ryzens mit mehr als einem CCD vorgesehen.
Aus maximal zwei dieser "Core Complex Die"-Chiplets mit je maximal acht Kernen bestehen bisher alle Desktop-Ryzens. Und auch ohne das nun beworbene Gigabyte-Feature war das Abschalten eines der Chiplets im BIOS schon bei früheren Ryzens möglich. In der Theorie kann das noch aktive CCD dann seine Wärme besser auf den Heatspreader verteilen, was höhere Spannungen und Takte erlaubt. Ebenso entfallen die Latenzen beim Verteilen von Threads auf mehrere CCDs.
Das alles hat aber auch Nebenwirkungen: Besonders gut in Threads aufgeteilte Spiele werden trotz leicht höherer Takte durch die fehlenden Kerne dann langsamer. Zudem stellen Gigabytes Screenshots auch ein System mit einem Ryzen 5 9600X dar, der ohnehin nur über ein CCD mit sechs Kernen verfügt. Da gäbe es also schlicht nichts abzuschalten. Und exklusiv bei diesem Hersteller dürfte die Funktion auch nicht zu finden sein, denn Gigabyte weist darauf hin, dass man sie zusammen mit AMD für den Firmware-Kern AGESA 1.2.0.2a entwickelt habe.
(nie)